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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Zeuge aus Gehorsam

Donnerstag, 27. April 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 20, 19. Mai 2017)

 

»Ja, ich bin ein Sünder, ich bin weltlich. Viel Weltliches habe ich in meinem Herzen. Herr, du kannst alles tun: Schenke mir die Gnade, ein Zeuge aus Gehorsam zu werden wie du, und auch die Gnade, keine Angst zu haben, wenn die Verfolgungen, die Verleumdungen kommen. Denn du hast uns gesagt: Wenn sie uns vor den Richter führen, wird es der Heilige Geist sein, der uns sagt, was wir antworten müssen.« So lautete das frei formulierte Gebet, das Papst Franziskus bei der Messe in Santa Marta am Donnerstag, den 27. April, sprach, verbunden mit der Aufforderung, es zu beten und dabei das Herz zu öffnen. »Wir wollen um diese Gnade bitten«, so der Papst eindringlich, denn »der Christ ist kein Zeuge einer Idee, einer Philosophie, einer Firma, einer Bank, einer Macht«, sondern einzig und allein »Zeuge aus Gehorsam, wie Jesus«.

»In der ersten Lesung«, so merkte Franziskus zu Beginn der Predigt an und bezog sich dabei auf den Abschnitt aus der Apostelgeschichte (5,27-33), »setzt sich jener Dialog der Apostel fort, der mit Johannes und den Ältesten und den Gesetzeslehrern begonnen hatte.« Es geht darum, dass »nach dem Wunder der Heilung des Gelähmten, das den Zorn der Ältesten entfacht hatte, die Gemeinde weiter wächst und die Apostel viele Wunder, viele Zeichen wirkten«. So »gingen die Leute zu ihnen, sie suchten sie auf, um sie zu hören, und sie brachten auch die Kranken, damit sie geheilt werden«. Denn im selben Kapitel der Apostelgeschichte ist zu lesen, dass die Kranken begleitet wurden, »damit, wenn Petrus vorüberkam, wenigstens sein Schatten auf einen von ihnen fiel«. Und »das war der Glaube des Volkes«.

Gewiss, so der Papst, »auch in der Gemeinde gab es viele Probleme: Mitten in diesem Trost gab es auch ein wenig durchtriebene Personen, die Karriere machen wollten, wie Hananias und Saphira. « Und dasselbe, fügte er hinzu, geschieht auch heute. »Als gewisse Leuten sahen, wie dieses gläubige Volk die Kranken pilgernd zu den Aposteln brachte, sagten sie: ›Was sind das doch für ignorante Leute, sie haben keine Ahnung, dieses Volk weiß nichts.‹« Das ist »Verachtung für das treue Volk Gottes, das nie irrt, nie«. Dasselbe geschieht heute, räumte der Papst ein. Doch »der Herr wollte, dass die Kirche in jenem Augenblick stark sein soll als Zeichen seiner Auferstehung«.

Ebenfalls in der Apostelgeschichte, so der Papst weiter, wird uns gesagt, dass »die Ältesten, als sie das alles sahen, die Apostel voll Eifersucht verhafteten und in ein öffentliches Gefängnis werfen ließen«. Doch »in jener Nacht geschah etwas, das auch bei Petrus geschehen war, als er sich im Gefängnis befand: Ein Engel des Herrn ging hin und öffnete die Gefängnistore« und forderte die Apostel auf: »Geht, tretet im Tempel auf und verkündet dem Volk alle Worte dieses Lebens!« Und die Apostel gingen sofort, »bei Tagesanbruch «, um vor dem Volk im Tempel zu lehren. Doch die Hohenpriester wurden informiert, und so wurden die Apostel gerufen, um vor den Hohen Rat geführt zu werden.

»All das habe ich gesagt, um die Entwicklung des Lebens der Kirche in diesen ersten Monaten zu verdeutlichen«, erklärte der Papst und nahm dabei erneut Bezug auf die erste Lesung. »In jenen Tagen – so berichtet also die Apostelgeschichte – führten der Hauptmann und die Diener die Apostel vor den Hohen Rat. Der Hohepriester verhörte sie und sagte: ›Haben wir euch nicht streng verboten, in diesem Namen zu lehren?‹« Damit meinte er natürlich »im Namen Jesu«. Denn Petrus und Johannes waren bereits verhaftet worden. Als sie vor dem Hohen Rat verhört worden waren, hatten sie geantwortet: »Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.« Doch die Ältesten hatten ihnen verboten, ihre Verkündigung fortzusetzen. Das also ist der Grund für die neue Anklage: Trotz jenes Verbots, so die Mitglieder des Hohen Rats zu den Aposteln, »habt ihr Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt; ihr wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen«.

Aber da geschieht etwas: »Petrus – derselbe Petrus, der den Herrn aus Angst in der Nacht des Gründonnerstags verraten hatte – antwortet heute mutig: ›Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.‹« Gerade »die Antwort des Petrus – so der Papst – lässt uns verstehen, was ein Apostel ist, was ein Christ ist: ein Christ ist ein Zeuge aus Gehorsam, wie Jesus«. Und in der Tat »gehorchte Jesus, er ist Mensch geworden, er hat sich erniedrigt, er hat sich entäußert«. So ist der Christ auf dieselbe Weise »Zeuge aus Gehorsam, wie Jesus, der zum Vater gesagt hat: da, ein Leib, ich komme, um deinen Willen zu tun; wie er am Ölberg den Vater gebeten hatte, den Kelch an ihm vorübergehen zu lassen, ›doch dein Wille geschehe, nicht der meine: ich werde gehorchen‹«.

»Der Christ ist ein Zeuge aus Gehorsam«, so Franziskus erneut, »und wenn wir nicht auf diesem Weg sind, im Zeugnis aus Gehorsam zu wachsen, sind wir keine Christen.« Es ist also notwendig, »auf diesem Weg« zu gehen, um wirklich »Zeuge aus Gehorsam zu sein, wie Jesus«. So ist der Christ »kein Zeuge einer Idee, einer Philosophie, einer Firma, einer Bank, einer Macht«, sondern »er ist Zeuge aus Gehorsam, wie Jesus«. Das ist eine nicht leicht zu verstehende Wahrheit, gab der Papst zu. Was so weit geht, dass einem die Frage kommt: »Wie wird man zu einem Zeugen aus Gehorsam? Wo studiert man, um es zu werden?« Dies aber »kann allein der Heilige Geist wirken«, erklärte Franziskus, denn »Zeuge aus Gehorsam werden ist eine Gnade des Heiligen Geistes: er wirkt dies«. Dasselbe hat Jesus zu Nikodemus gesagt, wie wir bereits gehört haben: ›Wer an den Menschensohn glaubt, hat das ewige Leben. Wer dem Menschensohn nicht gehorcht, wird das Leben verlieren.‹« Doch »von oben kommt dies, aus dem Geist: Jesus, der vom Geist Gesalbte, bringt die frohe Nachricht. Denken wir an die Synagoge von Nazareth, allein der  Geist kann uns zu Zeugen aus Gehorsam machen.« Vielleicht könnte da einer sagen: »Ich gehe da zu jenem geistlichen Meister« oder »ich lese dieses Buch«. Ja, erklärte der Papst, »all das ist in Ordnung, aber nur der Geist kann unser Herz verändern und uns alle zu Zeugen aus Gehorsam machen: Das ist ein Werk des Heiligen Geistes und wir müssen darum bitten. Es ist eine Gnade, um die man bitten muss: ›Vater, Jesus, Herr, sendet mir euren Geist, damit ich ein Zeuge aus Gehorsam werde‹, das heißt ein Christ.«

Der Papst unterließ es nicht, darauf hinzuweisen, »was die Folgen für einen Menschen sind, der ein Zeuge aus Gehorsam ist«. In Bezug auf diesen Punkt »ist das Ende der ersten Lesung eindeutig: ›Als sie das hörten, gerieten sie in Zorn und beschlossen, sie zu töten.‹« Denn »die Konsequenzen für Zeugen aus Gehorsam sind die Verfolgungen«. Und in der Tat, »als Jesus die Seligpreisungen auflistet, schließt er mit den Worten: ›Selig, wenn ihr verfolgt, geschmäht werdet.‹«

»Man kann das Kreuz nicht aus dem Leben eines Christen nehmen«, bekräftigte Franziskus. »Das Leben eines Christen ist kein sozialer Status, es ist keine Weise, eine Spiritualität zu leben, die mich gut macht, die mich ein wenig besser macht. Das genügt nicht. Das Leben eines Christen ist das Zeugnis aus Gehorsam, und das Leben eines Christen ist voller Verleumdungen, übler Nachrede, Verfolgungen.« Und, so der Papst abschließend, »das ist die Botschaft der Kirche heute«, die auffordert, sich zu fragen, ob wir wirklich Christen sind, das heißt »Zeugen aus Gehorsam wie Jesus«.

 



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