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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Der Heuchler ist immer ein Schmeichler

Dientag, 6. Juni 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 26, 30. Juni 2017)

 

»Ein wahrer Christ kann kein Heuchler sein, und ein Heuchler ist kein wahrer Christ«: mit direkten, klaren Worten verurteilte Papst Franziskus die Versuchung der »zwei Gesichter«. Er tat dies in der heiligen Messe in Santa Marta am Dienstag, den 6. Juni, in der er den Abschnitt aus dem Markusevangelium (12,13-17) betrachtete, wo »einige Pharisäer und Herodianer« versuchen, Jesus auf frischer Tat zu ertappen.

»Im Abschnitt aus dem Evangelium«, merkte der Papst an, »gibt es ein Wort, das Jesus oft im Hinblick auf die Schriftgelehrten verwendet: ›Er aber durchschaute ihre Heuchelei‹: ›Heuchler‹ ist das Wort, das er am häufigsten benutzt, um sie zu beschreiben.« Diese da sind »Heuchler, weil sie nach außen etwas zeigen, aber etwas anderes denken«. In Anspielung auf die griechische Etymologie des Wortes (ὑπὑκρισις) fügte Franziskus hinzu, dass sie »sprechen, urteilen, doch handelt es sich dabei dann um etwas anderes«.

Nichts könnte Jesus ferner stehen: die Heuchelei nämlich »ist nicht die Sprache Jesu. Die Heuchelei ist nicht die Sprache der Christen.« Das ist eine absolut eindeutige Tatsache. Doch wenn sich Jesus bemüht, diese Charakteristik ins Licht zu setzen, ist es gut, sie gründlich zu verstehen und somit zu sehen, »wie sie vorgehen «, das heißt wie sich die Heuchler verhalten. Vor allem, so der Papst, »ist der Heuchler immer ein Schmeichler, entweder großspurig oder kleinspurig, aber er ist ein Schmeichler«. So wenden sie sich zum Beispiel an Jesus, indem sie zu ihm sagen: »Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf die Person, sondern lehrst wirklich den Weg Gottes.« Sie benutzen also »jene Schmeichelei, die das Herz erweicht und das Leben versüßt«. Die Heuchler also »beginnen immer mit der Schmeichelei. Und dann stellen sie eine Frage.«

Zu den Techniken der Schmeichelei gehört es auch, »nicht die Wahrheit zu sagen«, »zu übertreiben «, »die Eitelkeit wachsen zu lassen«. Franziskus erinnerte sich in diesem Zusammenhang an einen Priester, »den ich vor langer Zeit gekannt habe, nicht hier«, »der arme Kerl, der alle Schmeicheleien aufsaugte, die sie ihm gegenüber vorbrachten, das war seine Schwäche. Und die Mitbrüder sagten von ihm, dass er die Liturgie schlecht gelernt habe«, da er den wahren Sinn des Wortes »Inzens« nicht gut verstanden hatte und sich selbst beweihräuchern ließ.

Also »beginnt die Schmeichelei auf diese Weise, doch mit einer bösen Absicht«. Dies versteht man auch gut, wenn man den Abschnitt aus dem Evangelium erneut liest: Um Jesus auf die Probe zu stellen, »schmeicheln die Pharisäer, damit er das glaubt und einen Fehler macht«. Das ist die Technik des Heuchlers: »Er lässt dich sehen, dass er dich gern hat, er übertreibt dir gegenüber immer, um sein Ziel zu erreichen.« Dann ist da »ein zweiter Aspekt«, der zu unterstreichen ist und sich in dem findet, »was Jesus tut«. Angesichts der Geste des Heuchlers, der mit seinen »zwei Gesichtern« eine richtige Frage stellt, »jedoch mit einer unrechten Absicht «. Sie fragen: »›Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen?‹ – und da Jesus ihre Heuchelei kennt, sagt er eindeutig: ›Warum stellt ihr mir eine Falle? Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen.‹« Das also ist die Methode Jesu: immer »konfrontiert er die Heuchler und Ideologen mit der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist so beschaffen, etwas ganz anderes ist die Heuchelei oder die Ideologie.«

Deshalb sagt Jesus: »Bringt mir einen Denar!« Er will nämlich »die Wirklichkeit« zeigen und mit »Weisheit« antworten: »So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.« Die Wirklichkeit war, dass der Denar das Bild des Kaisers trug. »…und Gott, was Gott gehört.«  Schließlich, so der Papst, muss ein »dritter Aspekt« hervorgehoben werden, der die »Sprache des Heuchlers« betrifft, das heißt: es ist »die Sprache der Täuschung, es ist dieselbe Sprache wie jene der Schlange, mit der sie sich an Eva gewandt hatte, es ist dieselbe. Es fängt mit der Schmeichelei an: ›Nein, wenn ihr davon esst, werdet ihr groß sein, dann werdet ihr alles erkennen‹, um dann zu zerstören.«

Die Heuchelei nämlich »zerstört, die Heuchelei tötet. Sie tötet die Menschen, sie entreißt einer Person sogar die Persönlichkeit und die Seele. Sie tötet die Gemeinde«, und Franziskus fügte hinzu: »Wenn Heuchler in einer Gemeinde sind, dann ist da eine große Gefahr, dann ist da eine sehr schlimme Gefahr.« Deshalb »hat uns Jesus gesagt: ›Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein; alles andere stammt vom Bösen.‹ Er war eindeutig.«

Eindeutige Worte, die uns heute verstehen lassen, »welch großes Übel« doch die Heuchelei in der Kirche anrichtet. Wie viel Übel jene Christen verursachen, »die dieser sündhaften Haltung verfallen, die tötet«. Denn »der Heuchler ist fähig, eine Gemeinde zu töten. Er spricht mit aller Süße und verurteilt eine Person aufs Übelste. Der Heuchler ist jemand, der tötet.« Abschließend fasste der Papst seine Betrachtungen zusammen, indem er in Erinnerung rief, dass die Heuchelei »mit der Schmeichelei anfängt«, der man nur »mit der Wirklichkeit« entgegentritt, und dass die Heuchelei »die Sprache des Teufels benutzt, der dieses Reden mit gespaltener Zunge in den Gemeinden aussät, um sie zu zerstören«.

Deshalb »bitten wir den Herrn, dass er uns behüte, damit wir nicht diesem Laster der Heuchelei verfallen, diesem Schminken der eigenen Haltung, aber mit schlechten Absichten. Der Herr schenke uns diese Gnade: ›Herr, lass mich nie ein Heuchler sein, lass es mich verstehen, die Wahrheit zu sagen und – wenn ich sie nicht sagen kann – den Mund zu halten. Aber nie, nie eine Heuchelei.‹«

 



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