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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Wachsam gegen die Weltlichkeit

Freitag, 13. Oktober 2017

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 44, 3. November 2017)

 

Papst Franziskus warnte vor den »freundlichen Dämonen«, die gut getarnt schlau mit guten Manieren Versuchungen und Verführungen vorschlagen und dabei enden, »kultivierte« Besessenheiten zu produzieren. Diesen muss mit »Wachsamkeit« entgegnet werden, was bedeutet: »Gebet, Gewissenserforschung und Werken der Nächstenliebe«, um nicht der »Weltlichkeit« zu verfallen und auch die Bezeichnung »unvernünftig« zu verdienen, die der heilige Paulus den Galatern vorbehält. Daher die Einladung an die Gläubigen bei der heiligen Messe in Santa Marta am Freitag, den 13. Oktober, auf »Christus, den Gekreuzigten« zu blicken und das Gewand »lauer Christen« abzulegen.

»Viele Male mahnt uns Jesus in seinen Predigten, wachsam zu sein, zu wachen, in Erwartung zu bleiben«, merkte der Papst sofort an. Bei einer Gelegenheit habe er gemahnt, wachsam zu sein, »da keiner von euch die Stunde kennt, in der der Menschensohn kommen wird«. Denn »die Wachsamkeit muss nach Maßgabe des Kommens des Herrn vorbereitet werden«. Bei anderen Gelegenheiten habe Jesus diesen selben Rat wiederholt »und unterstreicht das ›Sich-Vorbereiten‹: dies ist der Fall der zehn Jungfrauen, der klugen und jener, die nicht klug, die unvorbereitet waren«. Die ersten »hatten alles vorbereitet, auch das Öl für die Lampen«; die zweiten »waren einfach so da, ohne daran zu denken, vorbereitet zu sein«.

»Seid wachsam« sei also der Rat Jesu, der »andere Male dazu rät, dies mit dem Gebet zu tun, Wachsamkeit, um nicht in Versuchung zu geraten«. Zum Beispiel, so der Papst, »sagt er dies zu seinen Jüngern im Ölgarten: sie schliefen aus Angst ein«, und er rate: »betet und wacht, um nicht in Versuchung zu geraten«. Also: »viele Male fordert der Herr, wachsam zu sein«, da »der Christ immer wachsam ist, er wacht, er ist aufmerksam; er hat etwas von einem Wachposten, er muss aufmerksam sein«. Und »heute überrascht uns der Herr noch mit einer weiteren Art von Wachsamkeit, die nicht leicht zu verstehen ist, die jedoch sehr oft gefragt ist«, erklärte der Papst, der sich dabei auf den Abschnitt aus dem Lukasevangelium des Wortgottesdienstes bezog (11,15-26).

Es sei praktisch so, dass Jesus »einen Dämon austreibt und dass es dann zu dieser Diskussion kommt. Einige sagten: ›er hat die Erlaubnis Beelzebuls‹, und diese ganze Geschichte; Jesus verteidigt sich und führt sie in der Auseinandersetzung fast bis zur Lächerlichkeit. Als er damit fertig ist, hält er ein und erzählt uns etwas, das kein Gleichnis ist: er redet gleichnishaft, aber es ist kein Gleichnis, er sagt eine Wahrheit. Wenn der unreine Geist einen Menschen verlassen hat, dann wandert er durch die Wüste und sucht einen Ort, wo er bleiben kann. Wenn er keinen findet, sagt er: ›Ich will in mein Haus zurückkehren, das ich verlassen habe‹. Nachdem er angekommen ist, findet er es sauber geputzt und geschmückt vor. Der Mensch, der dort wohnt, ist frei. So geht er hin, holt sieben andere Geister, die noch schlimmer sind als er selbst. Sie ziehen dort ein und lassen sich nieder. So wird es mit diesem Menschen am Ende schlimmer werden, als es vorher war. Der Zustand jenes Menschen, bevor der Dämon aus seinem Leben ausgetrieben wurde, war besser als dieser hier«.

Was bedeuten diese Worte Jesu und wann kommt es zu diesen Dingen? Das war die Frage, die sich der Papst bei der Betrachtung des Abschnitts aus dem Lukasevangelium stellte. »Es ist dies eine bildhafte Figur«, erklärte er. Und der Herr »nimmt die Figur der Dämonen, die in der Wüste wandern, leiden. Denken wir daran, als Jesus jene Dämonen austrieb, die ›Legionen‹ hießen, da sie so viele waren, und sie bitten darum, in die Schweine fahren zu dürfen, da sie nicht in der Wüste herumziehen wollen«. Und im Besonderen »heißt es hier: ›er wandert durch die Wüste und sucht einen Ort, wo er bleiben kann‹, und nach einiger Zeit kehrt er zurück«. Doch hier gebe es dann die »Überraschung«, zurückzukehren und das Haus sauber und geschmückt vorzufinden: die Seele jenes Menschen war in Frieden mit Gott und er tritt nicht ein«. So »sucht er andere sieben, die schlimmer sind als er«.

»Jenes Wort – schlimmer – ist sehr kraftvoll in  diesem Abschnitt«, stellte der Papst fest. »Und dann tritt er ein«, sagt Lukas. Doch »wie tritt er ein? Er tritt ganz lieblich ein: er klopft an die Tür, er bittet um Erlaubnis, er läutet an der Haustür, er kehrt freundlich zurück«. Und »dieses zweite Mal handelt es sich um wohlerzogene, höfliche Teufel«. So »merkt es der Mensch nicht: sie treten auf Samtpfoten ein, sie fangen damit an, Teil des Lebens zu sein. Auch mit ihren Ideen und ihren Eingebungen helfen sie jenem Menschen, besser zu leben… und sie treten in das Leben des Menschen ein, sie treten in sein Herz ein, und von Innen her beginnen sie, jenen Menschen zu ändern, doch ganz ruhig, ohne Lärm zu machen«.

»Diese [ganze] Art und Weise«, so Franziskus, »unterscheidet sich von jener der Besessenheit durch den Dämon, die stark ist: das hier ist eine ein wenig ›kultivierte‹ Besessenheit durch den Dämon, sagen wir es so«. Und »das ist es, was der Teufel in unserem Leben langsam wirkt, um die Kriterien zu ändern, um uns zur Weltlichkeit zu bringen: er tarnt sich in unserer Art zu handeln, und es ist schwer, wir merken das nicht leicht«. So »wird jener vom Dämon befreite Mensch zu einem bösen Menschen, zu einem von der Weltlichkeit erdrückten Menschen«. Gerade »das ist es, was der Teufel will: die Weltlichkeit«.

Tatsächlich sei die Weltlichkeit »ein Schritt weiter hinein in die – ich gestatte mir diese Formulierung, in Anführungszeichen – ›Besessenheit‹ durch den Dämon. Mir kommt das Adjektiv in den Sinn, das Paulus den Galatern gesagt hat, als sie diesen Weg eingeschlagen hatten: ›Ihr unvernünftigen Galater, wer hat euch verblendet? Ist euch Jesus Christus nicht deutlich als der Gekreuzigte vor Augen gestellt worden?‹« Also, so bekräftigte der Papst, »ist dies ein Zauber: es ist die Verführung«, da der Teufel »der Vater der Verführung ist. Denken wir nur daran, was er mit Eva getan hat: er begann ganz lieblich zu reden«, und »ist dann mit seinem ›wer soll euch verzaubert haben?‹ herausgekommen«. Doch »wenn der Teufel auf diese Weise voller Süße und höflich eintritt und von unseren Einstellungen Besitz ergreift, dann verschieben sich unsere Werte vom Dienst an Gott hin zur Weltlichkeit«.

So »sind wir laue Christen, weltliche Christen, diese merkwürdige Mischung wie in einem Obstsalat aus dem Geist der Welt und dem Geist Gottes«. Aber, so die Warnung des Papstes, »so kann man nicht leben: das entfernt vom Herrn, aber es ist sehr subtil«. Der Punkt sei, so fuhr Franziskus fort, sich zu fragen, »wie es möglich ist, nicht zu fallen und aus dieser Situation herauszukommen«. Die Antwort sei klar: »Vor allem nehme ich das Wort ›Wachsamkeit‹ erneut auf: nicht erschrecken, wie Jesaja zu Ahas sagte, ›Wachsamkeit und Ruhe‹«, als sagte er: »Sei vorsichtig«. Denn »wachen heißt, zu begreifen, was in meinem Herzen geschieht, es bedeutet, ein wenig einzuhalten und mein Leben zu erforschen«. In diesem Zusammenhang verabsäumte der Papst auch nicht, die Fragen für eine Gewissenserforschung zu unterbreiten: »Bin ich Christ? Erziehe ich meine Kinder mehr oder weniger gut? Ist mein Leben christlich oder weltlich? Und wie kann ich das erkennen?« Für eine Antwort müsse man auf »dasselbe Rezept« zurückgreifen, dessen sich Paulus bedient habe: »auf den gekreuzigten Christus blicken«. Denn »nur vor dem Kreuz des Herrn versteht man, wo die Weltlichkeit ist und wie man sie zerstören kann«. Gerade »das ist das Ziel des Kreuzes vor uns: es ist kein Schmuck«, sondern »das, was uns vor diesem Zauber rettet, vor diesen Verführungen, die dich zur Weltlichkeit bringen«.

So präsentiere sich erneut die wesentliche Frage: »Blicke ich auf den gekreuzigten Christus? Schlage ich den Kreuzweg ein, um den Preis des Heils zu sehen, den Preis, der uns nicht nur vor den Sünden, sondern auch vor der Weltlichkeit gerettet hat?« Und dann, fuhr der Papst fort, »wie ich gesagt habe«, bedürfe es »der Gewissenserforschung «, um »zu sehen, was los ist, doch das Gebet immer vor dem gekreuzigten Christus«. Mehr noch, »es wird uns gut tun, einen Bruch zu vollziehen, aber nicht an den Knochen: einen Bruch mit den bequemen Haltungen: die Werke der Nächstenliebe«. Also: »Ich habe es gern bequem, doch ich werde das tun, was mich etwas kostet«. Zum Beispiel »einen Kranken besuchen, jemandem helfen, der dessen bedarf: ein Werk der Nächstenliebe«. Und »das bricht die Harmonie, die dieser Dämon schaffen will, diese sieben Dämonen zusammen mit ihrem Oberhaupt, um die geistliche Weltlichkeit zu erwirken«.

Abschließend lud der Papst dazu ein, »an diese drei Dinge zu denken: Christus, der Gekreuzigte, wird uns vor diesen höflichen Dämonen retten, vor diesem langsamen Abgleiten hinein in die Weltlichkeit; er wird uns vor der Verblendung, vor der Verführung retten. Die Gewissenserforschung wird uns helfen zu sehen, ob da diese drei Dinge sind. Und die Werke der Barmherzigkeit, jene, die etwas kosten, werden uns dazu bringen, aufmerksamer, wachsamer zu sein, damit diese so schlauen Typen nicht Einzug halten«. Schließlich sprach er die Hoffnung aus, dass »der Herr uns diese Gnade schenke und uns an das Adjektiv des Paulus erinnere: ›ihr Unvernünftigen‹«.

 



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