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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DER 37. NATIONALVERSAMMLUNG
DER CHARISMATISCHEN BEWEGUNG
"RINNOVAMENTO NELLO SPIRITO SANTO"

Olympiastadion
Sonntag, 1. Juni 2014

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Worte des Heiligen Vaters an die Priester:

Für euch Priester kommt mir ein einziges Wort in den Sinn, das ich euch sagen möchte: Nähe. Nähe zu Jesus Christus, im Gebet und in der Anbetung. Nahe beim Herrn… und die Nähe zu den Menschen, zum Volk Gottes, das euch anvertraut ist. Liebt eure Leute, seid den Menschen nahe! Das ist es, was ich von euch erwarte, diese zweifache Nähe: Nähe zu Jesus und Nähe zu den Menschen.

Worte des Heiligen Vaters an die jungen Menschen:

Es wäre traurig, wenn ein junger Mensch seine Jugend in einem Safe aufbewahren würde: Auf diese Weise wird die Jugend alt – im negativsten Sinn des Wortes; sie wird zum „Lumpen“, zu nichts nutze. Die Jugend ist für das Wagnis da: um sie im guten Sinn zu riskieren, sie voll Hoffnung einzusetzen. Sie ist da, um sie für große Dinge aufs Spiel zu setzen. Die Jugend ist dafür da, dass man sie verschenkt, damit andere den Herrn kennen lernen. Haltet eure Jugend nicht für euch selbst zurück: Geht voran!

Worte des Heiligen Vaters an die Familien:

Die Familien sind die Hauskirche, wo Jesus heranwächst – wächst in der Liebe der Eheleute, wächst im Leben der Kinder. Und darum greift der Feind die Familie so sehr an: Der Teufel will sie nicht! Und er versucht, sie zu zerstören, versucht dafür zu sorgen, dass es dort keine Liebe gibt.

Die Familien sind diese Hauskirche. Die Eheleute sind Sünder wie alle, aber sie wollen vorangehen im Glauben, in ihrer Fruchtbarkeit, in den Kindern und im Glauben ihrer Kinder. Der Herr segne die Familie, er mache sie stark in dieser Krise, in der der Teufel sie zerstören will.

Worte des Heiligen Vaters an die Behinderten:

Die Brüder und Schwestern, die leiden, die eine Krankheit haben, die behindert sind, sind vom Leiden Jesu Christi „gesalbte“ Brüder und Schwestern; sie ahmen Jesus nach im schweren Moment seines Kreuzes, seines Lebens. Diese „Salbung“ ihres Leidens tragen sie mit sich für die ganze Kirche. Vielen Dank, liebe Brüder und Schwestern; vielen Dank, dass ihr es annehmt, vom Leiden gesalbt zu sein. Vielen Dank für die Hoffnung, die ihr bezeugt, jene Hoffnung, die uns voranbringt, wenn wir nach der Liebkosung Jesu suchen.

Worte des Heiligen Vaters über die alten Menschen:

Ich habe zu Salvatore gesagt, dass vielleicht noch jemand fehlt, vielleicht die Wichtigsten: Es fehlen die Großeltern! Es fehlen die alten Menschen, und diese sind die Versicherung unseres Glaubens, die „Alten“. Seht, als Maria und Josef Jesus zum Tempel brachten, waren da zwei von ihnen. Und vier- wenn nicht fünfmal – ich erinnere mich nicht genau – sagt das Evangelium, dass sie „vom Heiligen Geist geführt“ waren. Von Maria und Josef wird hingegen gesagt, dass sie vom Gesetz geführt waren. Die jungen Menschen müssen das Gesetz erfüllen, die Alten – wie der gute Wein – haben die Freiheit des Heiligen Geistes. Und so hat dieser Simeon, der mutig war, eine „Liturgie“ erfunden und lobte Gott, er lobte… und es war der Geist, der ihn drängte, das zu tun. Die Alten! Sie sind unsere Weisheit, sind die Weisheit der Kirche; die alten Menschen, die wir so oft aussondern, die Großeltern, die Alten… Und dieses Großmütterchen, die Hanna, sie hat etwas Außerordentliches in der Kirche getan: Sie hat die Geschwätzigkeit geheiligt! Und wie hat sie das getan? So: Anstatt gegen jemanden Geschwätz zu verbreiten, ist sie von einem zum andern gegangen und hat [von Jesus] gesagt: „Der ist es, der ist es, der uns retten wird!“ Und das ist etwas Gutes. Die Großmütter und die Großväter sind unsere Stärke und unsere Weisheit. Möge der Herr uns immer weise Alte geben! Alte Menschen, die uns das Gedächtnis unseres Volkes, das Gedächtnis der Kirche übermitteln. Und sie mögen uns auch das vermitteln, was der Hebräerbrief über sie sagt: den Sinn für die Freude. Dort heißt es, dass die Alten die Verheißungen „von fern“ grüßten (11,13): Mögen sie uns das lehren!

Gebet des Heiligen Vaters:

Herr, schaue auf dein Volk, das den Heiligen Geist erwartet. Schau auf die jungen Menschen, schaue auf die Familien, schaue auf die Kinder, schaue auf die Kranken, schaue auf die Priester, die gottgeweihten Personen, schaue auf die Bischöfe, schaue auf alle. Und gewähre uns jene heilige Trunkenheit, die Trunkenheit des Geistes, die uns in allen Sprachen reden lässt: in den Sprachen der Liebe, immer nahe bei den Brüdern und Schwestern, die uns brauchen. Lehre uns, nicht miteinander zu kämpfen, um ein bisschen mehr Macht zu erlangen; lehre uns, demütig zu sein; lehre uns, die Kirche mehr zu lieben als unsere Partei, als unsere internen „Streitereien“; lehre uns, ein offenes Herz zu haben, um den Geist zu empfangen. Sende, o Herr, deinen Geist auf uns herab! Amen.

 


Liebe Brüder und Schwestern,

ich danke euch sehr für euren Empfang. Sicher hat jemand die Organisatoren wissen lassen, dass mir dieses Lied, „Vive Gesù, il Signore“, so sehr gefällt… Wenn ich in der Kathedrale von Buenos Aires die heilige Messe mit der Charismatischen Erneuerung feierte, haben wir nach der Wandlung und nach einigen Sekunden der Anbetung im Sprachensingen dieses Lied mit viel Freude und großer Kraft gesungen, wie ihr es heute getan habt. Danke! Ich habe mich zu Hause gefühlt!

Ich danke dem Rinnovamento nello Spirito, den ICCRS (International Catholic Charismatic Renewal Services) und der Catholic Fraternity für diese Begegnung mit euch, die mir so viel Freude bereitet. Ich danke auch für die Anwesenheit der ersten, die eine durchschlagende Erfahrung der Macht des Heiligen Geistes machten; ich glaube, Patty ist hier… Ihr, die Charismatische Erneuerungsbewegung, habt ein großes Geschenk vom Herrn erhalten. Ihr seid aus einem Willen des Heiligen Geistes hervorgegangen als „ein Strom der Gnade in der Kirche und für die Kirche“. Das ist eure Definition: ein Strom der Gnade.

Welches ist die erste Gabe des Heiligen Geistes? Die Gabe seiner selbst, der die Liebe ist und bewirkt, dass du dich in Jesus verliebst. Und diese Liebe verändert das Leben. Darum sagt man „von neuem geboren werden zum Leben im Geist“. Das hatte Jesus zu Nikodemus gesagt. Ihr habt das große Geschenk der Vielfalt der Charismen erhalten, der Vielfalt, die zur Harmonie des Heiligen Geistes führt, zum Dienst an der Kirche.

Wenn ich an euch Charismatiker denke, kommt mir ein besonderes Bild der Kirche in den Sinn: Ich denke an ein großes Orchester, wo die Instrumente voneinander verschieden sind und auch die Stimmen unterschiedlich, aber alle notwendig sind für die Harmonie der Musik. Der heilige Paulus sagt uns das im 12. Kapitel des Ersten Korintherbriefs. Wie in einem Orchester darf also – bitte! – in der Charismatischen Erneuerung niemand meinen, wichtiger oder größer zu sein als der andere! Denn wenn jemand von euch sich für wichtiger oder größer hält als der andere, beginnt die Plage! Niemand darf sagen: „Ich bin der Chef.“ Ihr habt, wie die ganze Kirche, ein einziges Oberhaupt, einen einzigen Herrn: Jesus, den Herrn. Wiederholt mit mir: Wer ist der Leiter der Charismatischen Erneuerung? Jesus, der Herr! Wer ist der Leiter der Charismatischen Erneuerung? [die Menge:] Jesus, der Herr! Und das können wir sagen mit der Kraft, die uns der Heilige Geist gibt, denn niemand kann sagen: „Jesus ist der Herr“ ohne den Heiligen Geist.

Wie ihr vielleicht wisst – denn die Nachrichten verbreiten sich schnell –, hatte ich in den ersten Jahren der Charismatischen Erneuerungsbewegung in Buenos Aires keine besondere Liebe zu diesen Charismatikern. Und ich sagte über sie: „Die scheinen eine Samba-Schule zu sein!“ Ich konnte mit ihrer Art zu beten und den vielen neuen Dingen, die in der Kirche geschahen, nichts anfangen. Später habe ich dann begonnen, sie kennen zu lernen, und schließlich habe ich das Gute begriffen, das die Charismatische Erneuerung für die Kirche tut. Und diese Geschichte, die mit der „Samba-Schule“ begann, endet in einer besonderen Weise: Wenige Monate, bevor ich am Konklave teilnahm, wurde ich von der Bischofskonferenz zum geistlichen Begleiter der Charismatischen Erneuerung in Argentinien ernannt.

Die Charismatische Erneuerung ist eine große Kraft im Dienst an der Verkündigung des Evangeliums, in der Freude des Heiligen Geistes. Ihr habt den Heiligen Geist empfangen, der euch die Liebe Gottes zu all seinen Kindern und die Liebe zum Wort Gottes hat entdecken lassen. In den ersten Zeiten sagte man, dass ihr Charismatiker immer eine Bibel, das Neue Testament, bei euch trugt… Tut ihr das heute noch? [die Menge:] „Ja!“ – Da bin ich gar nicht so sicher! Falls nicht, kehrt zu dieser ersten Liebe zurück, tragt immer das Wort Gottes in der Tasche! Und lest ein Stückchen. Immer mit dem Wort Gottes…

Ihr, Volk Gottes, Volk der Charismatischen Erneuerung, gebt Acht, dass ihr die Freiheit, die euch der Heilige Geist geschenkt hat, nicht verliert! Die Gefahr für die Erneuerungsbewegung – wie unser lieber Pater Raniero Cantalamessa oft sagt – ist die der übertriebenen Organisation: die Gefahr der übertriebenen Organisation.

Ja, ihr braucht Organisation, aber verliert nicht die Gnade, Gott Gott sein zu lassen! »Es gibt aber keine größere Freiheit, als sich vom Heiligen Geist tragen zu lassen, darauf zu verzichten, alles berechnen und kontrollieren zu wollen, und zu erlauben, dass er uns erleuchtet, uns führt, uns Orientierung gibt und uns treibt, wohin er will. Er weiß gut, was zu jeder Zeit und in jedem Moment notwendig ist. Das heißt, in geheimnisvoller Weise fruchtbar sein!« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 280).

Eine andere Gefahr ist die, „Kontrolleure“ der Gnade Gottes zu werden. Oftmals werden die Verantwortlichen (mir gefällt die Bezeichnung „Diener“ besser) einer Gruppe oder einer Gemeinschaft, vielleicht ohne es zu wollen, zu Verwaltern der Gnade, indem sie entscheiden, wer das Gebet der Ausgießung oder die Geisttaufe empfangen kann und wer nicht. Falls einige so handeln, bitte ich euch, das nicht mehr zu tun, das nicht mehr zu tun! Ihr seid Spender der Gnade Gottes, nicht Kontrolleure! Werdet nicht zur Zollgrenze für den Heiligen Geist!

In den Mechelner Dokumenten habt ihr eine Leitlinie, einen sicheren Weg, um nicht in die Irre zu gehen. Das erste Dokument ist eine Theologische und Pastorale Orientierung. Das zweite – „Charismatische Erneuerung und ökumenische Bewegung“ – ist aus der Feder von Kardinal Suenens, dem großen Protagonisten des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das dritte ist: „Erneuerung im Geist und Dienst am Menschen“, von Kardinal Suenens und Bischof Helder Camara.

Das ist euer Weg: Evangelisierung, geistliche Ökumene, Sorge für die Armen und Notleidenden und Aufnahme der Ausgegrenzten. Und all das auf der Grundlage der Anbetung! Das Fundament der Erneuerung ist: Gott anbeten!

Ich wurde gebeten, der Erneuerungsbewegung zu sagen, was der Papst von euch erwartet.

Das Erste ist die Bekehrung zur Liebe Jesu, die das Leben verändert und den Christen zu einem Zeugen der Liebe Gottes macht. Die Kirche erwartet dieses Zeugnis christlichen Lebens, und der Heilige Geist hilft uns, ein Leben in Übereinstimmung mit dem Evangelium zu führen, zu unserer Heiligung.

Ich erwarte von euch, dass ihr mit allen in der Kirche die Gnade der „Geisttaufe“, der Taufe mit dem Heiligen Geist teilt – ein Ausdruck, der sich in der Apostelgeschichte findet (vgl. 1,5; 11,16).

Ich erwarte von euch eine Evangelisierung mit dem Wort Gottes, die verkündet, dass Jesus lebt und alle Menschen liebt.

Ihr sollt Zeugnis geben von einer geistlichen Ökumene mit all jenen Brüdern und Schwestern anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, die an Jesus als den Herrn und Erlöser glauben.

Ihr sollt geeint bleiben in der Liebe zu allen Menschen, die Jesus, der Herr, von uns verlangt, und im Gebet zum Heiligen Geist, um zu jener Einheit zu gelangen, die für die Evangelisierung im Namen Jesu notwendig ist. Erinnert euch: „Die Charismatische Erneuerung ist von Natur aus ökumenisch… Die katholische Erneuerungsbewegung freut sich über das, was der Heilige Geist in den anderen Kirchen wirkt“ (1 Mecheln 5,3).

Geht auf die Armen und Notleidenden zu, um über ihren Leib den verwundeten Leib Christi zu berühren. Bitte, seid ihnen nahe!

Erstrebt die Einheit in der Erneuerungsbewegung, denn die Einheit kommt von Heiligen Geist und geht aus der Einheit der Heiligen Dreifaltigkeit hervor. Die Spaltung, woher kommt sie? Vom Teufel! Die Spaltung kommt von Teufel! Bitte, meidet die inneren Kämpfe! Unter euch soll es sie nicht geben!

Ich möchte den ICCRS und der Catholic Fraternity – den beiden Einrichtungen Päpstlichen Rechts des Päpstlichen Rates für die Laien im Dienst der weltweiten Erneuerungsbewegung – danken, die damit beschäftigt sind, das Welttreffen für Priester und Bischöfe vorzubereiten, das im Juni nächsten Jahres stattfinden wird. Ich weiß, dass sie entschieden haben, auch die Dienststelle miteinander zu teilen und zusammenzuarbeiten, als Zeichen der Einheit und um ihre Mittel bestmöglich zu verwalten. Das freut mich sehr. Ich möchte ihnen auch danken, weil sie bereits das große Jubiläum von 2017 organisieren.

Brüder und Schwestern, erinnert euch: Betet Gott, den Herrn, an: Das ist die Grundlage! Gott anbeten. Erstrebt die Heiligkeit im neuen Leben des Heiligen Geistes. Seid Spender der Gnade Gottes. Meidet die Gefahr der übertriebenen Organisation.

Geht hinaus auf die Straßen, um zu evangelisieren und das Evangelium zu verkünden. Erinnert euch daran, dass die Kirche „im Aufbruch“ entstanden ist, an jenem Pfingstmorgen. Nähert euch den Armen und berührt durch ihren Leib den verwundeten Leib Jesu. Lasst euch vom Heiligen Geist leiten, in jener Freiheit; und bitte, sperrt den Heiligen Geist nicht in den Käfig! In Freiheit!

Erstrebt die Einheit der Erneuerungsbewegung, die Einheit, die aus der Heiligen Dreifaltigkeit hervorgeht!

Und ich erwarte euch alle, ihr Charismatiker der Welt, um gemeinsam mit dem Papst euer großes Jubiläum am Pfingstfest 2017 auf dem Petersplatz zu feiern! Danke!

 



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