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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS 
AN DIE DELEGATION AUS DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK
ZUM 600. TODESTAG VON JAN HUS

Montag, 15. Juni 2015

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Liebe Freunde!

Ich heiße euch, die hochrangigen Vertreter der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche und der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, herzlich willkommen. Ihr seid nach Rom gekommen, um bei den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus anlässlich des 600. Todestages des Reformators Jan Hus einen Versöhnungsgottesdienst zu feiern. Einen herzlichen Gruß richte ich an Kardinal Miloslav Vlk.

Diese Begegnung gibt uns Gelegenheit, die Beziehungen zwischen unseren Gemeinschaften zu erneuern und zu vertiefen. Dem Willen Jesu, des Herrn, gehorsam, der am Vorabend seines Leidens und seines Todes zum Vater um die Einheit seiner Jünger gebetet hat (vgl. Joh 17,21), haben wir die Pflicht, uns gegenseitig immer besser kennenzulernen und eine tätige Zusammenarbeit zu fördern. Viele Streitgespräche der Vergangenheit müssen im Licht des neuen Umfelds, in dem wir leben, aufgearbeitet werden, und Vereinbarungen und Übereinstimmungen werden erlangt, wenn wir den traditionellen Konfliktpunkten mit neuem Blick begegnen. Vor allem dürfen wir nicht vergessen, dass das gemeinsame Bekenntnis des Glaubens an Gott, den Vater, an den Sohn und an den Heiligen Geist, in dem wir getauft worden sind, uns bereits in Banden echter Brüderlichkeit vereint.

Jahrhunderte sind vergangen seit dem Tag, an dem der angesehene Prediger und Rektor der Universität von Prag, Jan Hus, auf tragische Weise starb. Bereits 1999 hat der heilige Johannes Paul II. im Rahmen eines Beitrags auf einem internationalen Kongress, der dieser denkwürdigen Gestalt gewidmet war, sein »tiefes Bedauern … für den grausamen Tod von Jan Hus« zum Ausdruck gebracht und ihn zu den Reformern der Kirche gezählt. Im Licht dieses Ansatzes muss die Untersuchung der Person und des Wirkens von Jan Hus fortgesetzt werden, denn lange Zeit war er ein Streitpunkt zwischen Christen, während er heute zum Gegenstand des Dialogs geworden ist. Diese Untersuchung, die ohne ideologische Voreingenommenheit durchgeführt werden muss, wird ein wichtiger Dienst an der historischen Wahrheit sowie an allen Christen und an der ganzen Gesellschaft sein, auch über die Grenzen eurer Nation hinaus.

Das Zweite Vatikanische Konzil hat gesagt: »Jede Erneuerung der Kirche besteht wesentlich im Wachstum der Treue gegenüber ihrer eigenen Berufung, und so ist ohne Zweifel hierin der Sinn der Bewegung in Richtung auf die Einheit zu sehen. […] Dieser Erneuerung kommt also eine besondere ökumenische Bedeutung zu« (Unitatis redintegratio, 6). Die Notwendigkeit einer Neuevangelisierung vieler Männer und Frauen, die gegenüber der Frohbotschaft des Evangeliums gleichgültig zu sein scheinen, macht die Pflicht zur Erneuerung jeder kirchlichen Struktur gerade heute unaufschiebbar, um die positive Antwort aller, denen Christus seine Freundschaft anbietet, zu fördern (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 27). Und die sichtbare Einheit unter den Christen wird die Verkündigung gewiss glaubwürdiger machen.

Als Antwort auf den Ruf Christi zur beständigen Umkehr, derer wir alle bedürfen, können wir gemeinsam auf dem Weg der Versöhnung und des Friedens vorangehen. Auf diesem Weg lernen wir, durch die Gnade Gottes, einander als Freunde zu erkennen und die Beweggründe der anderen im bestmöglichen Licht zu betrachten. In diesem Sinne wünsche ich, dass sich freundschaftliche Bande auch auf der Ebene der örtlichen Gemeinschaften und der Pfarrgemeinden entwickeln mögen.

Mit diesen Empfindungen schließe ich mich im Geiste dem Bußgottesdienst an, den ihr hier in Rom feiern werdet. Gott, reich an Erbarmen, gewähre uns die Gnade, uns alle als Sünder zu bekennen und einander vergeben zu können. Ich versichere euch meines Gebets und bitte euch alle, für mich und für meinen Dienst zu beten. Danke.

 



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