APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH MYANMAR UND BANGLADESCH
(26. NOVEMBER - 2. DEZEMBER 2017)
BEGEGNUNG MIT PRIESTERN, GOTTGEWEIHTEN UND NOVIZEN
ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
Rosenkranzkirche (Dhaka)
Samstag, 2. Dezember 2017
Spontane Ansprache des Heiligen Vaters
Vorbereitete Ansprache des Heiligen Vaters
SPONTANE ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS
Liebe Brüder und Schwestern,
ich danke Herrn Erzbischof Costa für seine Einführung und ich danke euch für eure Beiträge. Hier habe ich eine vorbereitete Rede von acht Seiten... Aber wir sind hierhergekommen, um dem Papst zuzuhören und nicht um uns zu langweilen! Daher werde ich die Rede dem Herrn Kardinal geben, der sie auf Bengali übersetzen lassen wird, und ich werde euch das sagen, was mir auf dem Herzen liegt. Ich weiß nicht, ob es besser oder schlechter sein wird, aber ich versichere euch, es wird weniger langweilig sein!
Als ich hereinkam und euch begrüßte, kam mir ein Bild des Propheten Jesaja in den Sinn, genaugenommen aus der ersten Lesung, die wir am kommenden Dienstag lesen werden: „In jenen Tagen wird ein kleiner Spross aus dem Haus Israel aufspringen. Dieser junge Trieb wird wachsen und wachsen, und er wird voll des Geistes Gottes sein, Geist der Weisheit, der Einsicht, der Erkenntnis, der Frömmigkeit und der Gottesfurcht“ (vgl. 11,1-2). In gewissem Sinne beschreibt Jesaja hier die kleinen und großen Aspekte des Glaubenslebens, des Lebens des Dienstes an Gott. Und wenn man von einem Leben des Glaubens und des Dienstes an Gott spricht, geht es euch an, die ihr Männer und Frauen des Glaubens seid und Gott dient.
Beginnen wir mit dem Spross. Es sprießt, was im Boden ist, und dies ist der Same. Der Same gehört weder dir noch mir: Den Samen sät Gott und Gott lässt ihn wachsen. Jeder von uns kann sagen: „Ich bin der Spross“. Ja, aber nicht aus eigenem Verdienst, sondern wegen des Samens, der dich wachsen lässt.
Und was muss ich tun? Ihn immer wieder gießen, damit er wächst und zur Fülle des Geistes gelangt. Dafür müsst ihr Zeugnis geben.
Wie kann man diesen Samen gießen? Indem wir ihn pflegen. Indem wir uns um den Samen kümmern und indem wir uns um den Spross kümmern, der anfängt zu wachsen! Sich um die Berufung kümmern, die wir erhalten haben. Wie man sich um ein Kind kümmert, wie man einen Kranken behandelt, wie man einen alten Menschen versorgt. Die Berufung wird mit menschlicher Zärtlichkeit gepflegt. Wenn diese Dimension der menschlichen Zärtlichkeit in unseren Gemeinschaften, bei unseren Priestern fehlt, bleibt der Spross klein, wächst nicht und könnte sogar austrocknen. Wir müssen uns mit Zärtlichkeit um ihn kümmern, denn jeder Bruder des Priesterkollegiums, jeder Bruder der Bischofskonferenz, jeder Bruder und jede Schwester meiner Ordensgemeinschaft, jeder Mitbruder unter den Seminaristen ist ein Same Gottes. Und Gott schaut auf ihn mit der Zärtlichkeit eines Vaters.
Es ist wahr: Nachts kommt der Feind und sät einen anderen Samen, und es besteht die Gefahr, dass der gute Same vom schlechten Samen erstickt wird. Wie schlimm ist das Unkraut in den Priestern... wie schlimm ist das Unkraut in den Bischofskonferenzen ... wie schlimm ist das Unkraut in den Ordensgemeinschaften und in den Seminaren. Es geht darum, sich um den Keim zu kümmern, den Keim des guten Samens, und zu sehen, wie er wächst; zu sehen, wie er sich vom schlechten Samen und vom Unkraut unterscheidet.
Einer von euch – ich glaube, es war Marcel – sagte: „jeden Tag darauf zu achten, wie meine Berufung wächst“. Pflegen bedeutet achtsam sein. Und sich bewusst machen, dass die Pflanze, die wächst, gut wächst, wenn sie in eine bestimmte Richtung geht; wenn sie hingegen in die andere Richtung geht, wächst sie schlecht. Und bemerken, wenn sie schlecht wächst oder wenn der Umgang oder Menschen oder Situationen das Wachstum bedrohen. Achtsam sein. Und man kann nur achtsam sein, wenn man ein Herz hat, das betet. Beten. Pflegen bedeutet beten. D.h. den bitten, der den Samen gesät hat, damit er mich lehrt, ihn zu gießen. Und wenn ich in der Krise oder eingeschlafen bin, dass er ihn ein wenig für mich gieße. Beten heißt, den Herrn bitten, sich um uns zu kümmern, uns die Zärtlichkeit zu geben, die wir anderen geben müssen. Dies ist der erste Gedanke, den ich euch mitgeben möchte: der Gedanke, sich um den Samen zu kümmern, damit der Keim bis zur Fülle der Weisheit Gottes wächst. Ihn sorgfältig zu pflegen, sich mit dem Gebet um ihn zu kümmern, ihn achtsam zu behandeln. Ihn mit Zärtlichkeit zu umsorgen. Denn so kümmert sich Gott um uns: mit der Zärtlichkeit eines Vaters.
Der zweite Gedanke, der mir in den Sinn kommt, ist, dass es in diesem Garten des Reiches Gottes nicht nur einen einzigen Samen gibt: Es gibt Tausende und Abertausende von Sprossen, wir sind alle Sprosse. Und es ist nicht einfach, eine Gemeinschaft zu bilden. Es ist nicht einfach. Menschliche Leidenschaften, Fehler, Grenzen bedrohen immer das Gemeinschaftsleben, bedrohen den Frieden. Die Gemeinschaft des gottgeweihten Lebens, die Gemeinschaft des Priesterseminars, die Gemeinschaft des Priesterkollegiums und die Gemeinschaft der Bischofskonferenz müssen sich gegen jede Art von Spaltung zu verteidigen wissen. Gestern haben wir Gott für das Beispiel gedankt, das Bangladesch auf dem Gebiet des interreligiösen Dialogs zu geben vermag. Einer der Sprecher zitierte einen Satz von Kardinal Tauran, als er sagte, dass Bangladesch das beste Beispiel für Harmonie im interreligiösen Dialog sei. [Applaus] Und dieser Applaus ist für Kardinal Tauran. Wenn wir das gestern vom interreligiösen Dialog gesagt haben, werden wir das Gegenteil in unserem Glauben, in unserem katholischen Bekenntnis, in unseren Gemeinschaften tun? Auch hier muss Bangladesch ein Beispiel für Harmonie sein!
Es gibt viele Feinde der Harmonie, ja es sind viele. Ich möchte nur einen erwähnen, der als Beispiel genügt. Vielleicht kann man mich kritisieren, weil ich mich wiederhole, aber für mich ist es grundlegend. Der Feind der Harmonie in einer Ordensgemeinschaft, in einem Priesterkollegium, im Episkopat, in einem Seminar ist der Geist des Geschwätzes. Und das habe nicht ich erfunden: Vor zweitausend Jahren sagte das ein gewisser Jakobus in einem Brief an die Kirche. Die Zunge, Brüder und Schwestern, die Zunge! Was eine Gemeinschaft zerstört, ist das schlechte Reden über die anderen. Die Fehler der anderen herausstellen. Aber es nicht dem Betroffenen sagen, sondern den anderen und so eine Umgebung des Misstrauens schaffen, eine Umgebung des Verdachts, eine Umgebung, in der es keinen Frieden gibt, sondern Spaltung. Es gibt etwas, das ich gerne als ein Bild dafür nehme, was der Geist des Klatsches ist: Es ist Terrorismus. Ja, Terrorismus. Weil jemand, der schlecht über einen anderen redet, es nicht öffentlich tut. Der Terrorist sagt nicht öffentlich: „Ich bin ein Terrorist.“ Und wer schlecht über jemand anderen redet, tut es heimlich: Er spricht mit einem, wirft die Bombe und haut ab. Und diese Bombe zerstört. Und er geht seelenruhig weg, um eine weitere Bombe zu zünden. Liebe Schwester, lieber Bruder, wenn du schlecht über einen anderen reden willst, beiß dir auf die Zunge! Sie wird höchstwahrscheinlich anschwellen, aber du wirst deinem Bruder oder deiner Schwester nichts Böses tun.
Der Geist der Trennung. Wie oft lesen wir in den Briefen des heiligen Paulus von dem Schmerz, den er verspürte, wenn eine solche Gesinnung in die Kirche eindrang. Sicher, ihr könnt mich fragen: „Aber Pater, wenn ich an einem Bruder oder einer Schwester etwas sehe, was nicht in Ordnung ist, und ich sie korrigieren möchte, oder ich möchte es sagen, aber ich kann die Bombe nicht platzen lassen, was soll ich dann tun?“. Du kannst zwei Dinge tun, vergiss sie nicht. Das erste, wenn möglich – aber es ist eben nicht immer möglich – sag es der betreffenden Person von Angesicht zu Angesicht. Jesus gibt uns diesen Rat. Klar kann mir jetzt jemand sagen: „Nein, das kann man nicht machen, Pater, weil es eine komplizierte Person ist“. Kompliziert wie du selbst. Gut, kann sein, dass es aus Gründen der Klugheit nicht angebracht ist. Zweites Prinzip: Wenn du es der Person nicht direkt sagen kannst, sag es jemandem, der weiterhelfen kann und niemand sonst. Entweder sag es der Person ins Gesicht oder sag es jemandem, der Abhilfe schaffen kann, aber im Privaten, mit Liebe. Wie viele Gemeinschaften – und ich spreche hier nicht vom Hörensagen, sondern von dem, was ich erlebt habe – wie viele Gemeinschaften habe ich erlebt, die sich wegen dieses Geistes der Tratscherei zugrunde gerichtet haben! Bitte, beißt euch zur rechten Zeit auf die Zunge!
Und das Dritte, was ich euch sagen wollte – so ist es wenigstens nicht allzu langweilig… später könnt Ihr den langweiligen Teil nachlesen – ist, einen Geist der Freude zu erlangen versuchen, ihn zu erbitten und zu erlangen versuchen. Ohne Freude kann man Gott nicht dienen. Ich frage einen jeden von euch – aber antwortet in eurem Inneren, nicht laut: „Wie geht es deiner Freude?“. Ich versichere euch, dass es wirklich traurig ist, verbitterte Priester, Ordensleute, Seminaristen und Bischöfe zu treffen, die ein so trauriges Gesicht haben, dass man sie fragen möchte: „Was hast du zum Frühstück gegessen, etwas mit Essig?“. Essiggesicht. Diese Bitterkeit des Herzens, wenn der schlechte Same kommt und sagt: „Ach schau, den haben sie zum Oberen gemacht, die haben sie zur Oberin gemacht… den haben sie zum Bischof gemacht… und mich haben sie übergangen“. Da ist keine Freude. Bei der heiligen Theresa – der großen – gibt es einen Satz, eigentlich eine Verfluchung; sie sagt ihn zu ihren Schwestern: „Wehe jeder Schwester, die sagt: Man hat mich ungerecht behandelt!“ Sie benutzt dabei den spanischen Ausdruck „sinrazón“, im Sinn von Ungerechtigkeit. Wenn sie einer Schwester begegnete, die sich beschwerte, weil „sie mir nicht das gegeben haben, was mir zugestanden hätte“ oder weil man „mich nicht befördert hat“, „man mich nicht zur Priorin gemacht hat“ oder irgendetwas von dieser Art, wehe einer solchen Schwester: Sie ist auf einem schlechten Weg.
Freude. Freude auch in den schwierigen Momenten. Jene Freude, die, wenn sie nicht lachen kann, weil der Schmerz groß ist, Friede ist. Hier kommt mir eine Begebenheit der anderen, der kleinen Therese vom Jesuskind, in den Sinn. Sie musste jeden Abend eine alte, mürrische, immer verärgerte, sehr kranke, bemitleidenswerte Mitschwester, die sich über alles beschwerte, zum Speisesaal begleiten. Und egal, wo sie sie anfasste, immer sagte sie: „Nein, du tust mir weh!“ Eines Abends als sie sie durch den Kreuzgang begleitete, hörte sie von einem Haus die Musik eines Festes, Musik von Leuten, die sich vergnügten, gute Leute, die das taten, was sie auch oft getan hatte und bei ihren Schwestern gesehen hatte und sie stellte sich die Leute vor, wie sie tanzten, und sagte: „Meine große Freude ist diese und ich werde sie mit keiner anderen tauschen“. Auch in problematischen Situationen, bei Schwierigkeiten in der Gemeinschaft – wenn es einmal gilt, einen etwas „seltsamen“ Oberen oder eine etwas „merkwürdige“ Oberin zu ertragen – auch in diesen Momenten (ist es gut zu) sagen: „Ich bin zufrieden, Herr. Ich bin zufrieden“, so wie es der heilige Albert Hurtado gesagt hat.
Die Freude des Herzens. Ich versichere euch, dass es mir ans Herz geht, wenn ich alte Priester, Bischöfe oder Schwestern treffe, die ein erfülltes Leben gelebt haben. Ihre Augen sind unbeschreiblich, so voller Freude und Friede. Diejenigen, die ihr Leben nicht so gelebt haben, Gott ist gut und er kümmert sich auch um sie, aber ihnen fehlt das Licht in den Augen, dass denen eigen ist, die freudig durchs Leben gingen. Versucht einmal – vor allem sieht man es bei den Frauen – schaut einmal bei den alten Schwestern, den Schwestern, die ihr ganzes Leben lang mit so viel Freude und Frieden gedient haben: sie haben verschmitzte, strahlende Augen… Weil sie die Weisheit des Heiligen Geistes besitzen.
Der kleine Spross ist in diesen Alten zur Fülle der sieben Gaben des Heiligen Geistes geworden. Erinnert euch nächsten Dienstag daran, wenn ihr die Lesung in der Messe hört und fragt euch: Pflege ich diesen kleinen Trieb? Gieße ich das zarte Pflänzchen? Kümmere ich mich auch um das, was in den Anderen aufsprießen möchte? Habe ich Angst davor, ein Terrorist zu sein und spreche deshalb nie schlecht über die Anderen? Und öffne ich mich für das Geschenk der Freude?
Euch allen wünsche ich, dass das Leben euch wie bei einem guten Wein bis zum Ende reifen lässt und dass Eure Augen von dieser guten Schläue, von der Freude und der Fülle des Heiligen Geistes leuchten mögen.
Betet für mich, so wie ich auch für euch bete.
VORBEREITETE ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS
Liebe Brüder und Schwestern,
es freut mich sehr, bei euch zu sein. Ich danke Erzbischof Moses [Costa] für die herzliche Begrüßung in eurem Namen. Ich bin insbesondere denjenigen dankbar, die ihre Zeugnisse vorgetragen haben und ihre Liebe zu Gott mit uns geteilt haben. Mein Dank gilt auch Pater Mintu [Palma] dafür, dass er das Gebet verfasst hat, das wir gleich an die Gottesmutter richten. Als Nachfolger Petri ist es meine Pflicht, euch im Glauben zu stärken. Aber ihr sollt wissen, dass auch ihr heute durch eure Worte und eure Anwesenheit mich im Glauben stärkt und mir große Freude bereitet.
Die katholische Gemeinschaft in Bangladesch ist klein. Aber ihr seid wie das Senfkorn, das Gott zu seiner Zeit zur Vollendung führt. Ich freue mich zu sehen, wie dieser Same wächst; ich bin froh, unmittelbarer Zeuge des tiefen Glaubens zu sein, den Gott euch geschenkt hat (vgl. Mt 13,31-32). Ich denke an die frommen und treuen Missionare, die diesen Samen des Glaubens über fast fünf Jahrhunderte gepflanzt und gepflegt haben. In Kürze werde ich den Friedhof besuchen und für diese Männer und Frauen beten, die dieser Ortskirche großherzig gedient haben. Wenn ich meinen Blick auf euch richte, sehe ich Missionare, die dieses heilige Werk fortsetzen. Ich sehe auch viele Berufungen, die in diesem Land gewachsen sind: das sind Zeichen der Gnaden, mit denen der Herr es segnet. Ich freue mich besonders über die Anwesenheit der Klausurschwestern unter uns und über ihre Gebete.
Es ist schön, dass unsere Begegnung in dieser alten Kirche vom heiligen Rosenkranz stattfindet. Der Rosenkranz ist eine wunderbare Betrachtung der Glaubensgeheimnisse, die der Lebenssaft der Kirche sind; ein Gebet, das das geistliche Leben und den apostolischen Dienst formt. Ob wir Priester, Ordensleute, Gottgeweihte, Seminaristen oder Novizen sind: das Rosenkranzgebet spornt uns an, unser Leben in Vereinigung mit Maria gänzlich Christus zu übergeben. Es lädt uns ein, Marias Verfügbarkeit Gott gegenüber im Augenblick der Verkündigung nachzuahmen, am Mitleiden mit Christus für die ganze Menschheit, als er am Kreuz hing, teilzuhaben und an der Freude der Kirche, wenn sie die Gabe des Heiligen Geistes vom auferstandenen Herrn empfängt.
Die Verfügbarkeit Marias. Hat es in der ganzen Geschichte jemals eine so verfügbare Person gegeben wie Maria im Augenblick der Verkündigung? Gott hat sie auf diesen Augenblick vorbereitet und sie antwortete mit Liebe und Vertrauen. So hat auch der Herr jeden von uns vorbereitet und uns beim Namen gerufen. Auf diesen Ruf zu antworten, ist ein lebenslanger Prozess. Jeden Tag sind wir gerufen zu lernen, verfügbarer gegenüber dem Herrn im Gebet zu sein, indem wir seine Worte betrachten und versuchen, seinen Willen zu erkennen. Ich weiß, dass die seelsorgliche Arbeit und das Apostolat viel von euch verlangen und dass eure Tage oft lang sind und ihr am Ende müde seid. Aber wir können nicht den Namen Christi tragen oder an seiner Sendung teilhaben, ohne Männer und Frauen zu sein, die vor allem in der Liebe verwurzelt sind und vor Liebe brennen durch die persönliche Begegnung mit Jesus in der Eucharistie und in den Worten der Heiligen Schrift. Pater Abel, du hast uns daran erinnert, als du von der Wichtigkeit des Wachstums einer innigen Jesusbeziehung gesprochen hast, weil wir dort seine Barmherzigkeit erfahren und erneute Kraft für den Dienst am Nächsten schöpfen können.
Die Verfügbarkeit für den Herrn erlaubt uns, die Welt mit seinen Augen zu sehen und so feinfühliger für die Bedürfnisse derer zu werden, denen wir dienen. Wir beginnen, ihre Hoffnungen und Freuden zu verstehen, die Ängste und die Lasten; wir sehen deutlicher ihre vielen Talente, ihre Charismen und Gaben, die sie miteinbringen, um die Kirche in Glaube und Heiligkeit aufzubauen. Bruder Lawrence, als du von deiner Einsiedelei erzählt hast, hast du uns geholfen zu verstehen, wie wichtig es ist, sich um die Menschen zu kümmern, um ihren geistlichen Durst zu stillen. Mögt ihr alle in der großen Vielfalt eurer Apostolate ein Quell geistlicher Erquickung und Anregung sein für diejenigen, denen ihr dient, und ihnen dabei helfen, ihre Gaben immer mehr untereinander zu teilen und so die Sendung der Kirche voranzutreiben.
Das Mitleiden mit Christus. Der Rosenkranz führt uns in die Betrachtung des Leidens und des Todes Jesu ein. Wenn wir tiefer in diese schmerzhaften Geheimnisse eindringen, erkennen wir ihre heilbringende Kraft und werden in der Berufung bestätigt, in unserem Leben durch das Mitleiden und die Selbsthingabe daran teilzuhaben. Das Priestertum und das Ordensleben sind keine Karrieren. Sie sind keine Methoden, um voranzukommen. Sie sind ein Dienst, eine Teilnahme an der Liebe Christi, der sich für seine Herde opfert. Wenn wir uns täglich ihm, den wir lieben, angleichen, werden wir die Tatsache, dass unser Leben uns nicht selbst gehört, wertschätzen lernen. Nicht mehr wir leben, sondern Christus lebt in uns (vgl. Gal 2,20).
Geben wir diesem Mitleiden Gestalt, wenn wir Personen vor allem in Leid und Prüfungen begleiten und helfen wir ihnen, Jesus zu finden. Pater Franco, danke, dass du diesen Aspekt hervorgehoben hast: Jeder von uns ist aufgerufen, Missionar zu sein, indem wir allen die barmherzige Liebe Christi bringen, gerade denjenigen an den Randgebieten unserer Gesellschaft. Ich bin besonders dafür dankbar, dass sich viele von euch auf mannigfaltige Weise im Sozialbereich, in Gesundheit und Bildung engagieren und so den Bedürfnissen eurer örtlichen Gemeinschaften und der vielen Migranten und Flüchtlinge, die ins Land kommen, dienen. Euer Dienst an der größeren Menschheitsfamilie, vor allem an den Bedürftigsten, ist kostbar, um eine Kultur der Begegnung und der Solidarität aufzubauen.
Die Freude der Kirche. Schließlich erfüllt uns der Rosenkranz mit Freude über den Sieg Christi über den Tod, über seine Auffahrt zur Rechten des Vaters und die Ausgießung des Heiligen Geistes über die Welt. Unser ganzes Dienstamt ist darauf ausgerichtet, die Freude des Evangeliums bekanntzumachen. Behalten wir im Leben und im Apostolat die Probleme der Welt und Leiden der Menschheit im Bewusstsein, aber verlieren wir niemals das Vertrauen, dass die Kraft der Liebe Christi das Böse und den Fürsten der Lüge, der uns in die Irre führen will, besiegt. Lasst euch nie von euren Schwächen oder von den Herausforderungen des Dienstamtes entmutigen. Wenn ihr dem Herrn gegenüber im Gebet verfügbar bleibt und beharrlich darin seid, das Erbarmen Christi euren Brüdern und Schwestern zu vermitteln, dann wird der Herr gewiss eure Herzen mit der tröstlichen Freude seines Heiligen Geistes erfüllen.
Schwester Mary Chandra, du hast mit uns die Freude geteilt, die aus deiner Ordensberufung und dem Charisma deiner Kongregation entspringt. Marcelius, auch du hast uns von der Liebe erzählt, die du und deine Mitbewohner im Seminar für die Berufung zum Priestertum hegen. Beide habt ihr uns daran erinnert, dass wir alle aufgerufen sind, täglich unsere Freude im Herrn zu erneuern und zu vertiefen, und uns zu bemühen, ihn vollkommener nachzuahmen. Dies kann zu Beginn schwierig erscheinen, aber erfüllt unsere Herzen mit geistlicher Freude. Jeder Tag wird zu einer Gelegenheit, um nochmals anzufangen, um dem Herrn erneut zu antworten. Lasst euch niemals entmutigen, denn die Geduld des Herrn ist zu unserem Heil (2 Petr 3,15). Freut euch allezeit im Herrn!
Liebe Brüder und Schwestern, ich danke euch für eure Treue im Dienst für Christus und seine Kirche durch die Hingabe eures Lebens. Ich versichere euch alle meines Gebetes und bitte euch um euer Gebet. Rufen wir nun die Gottesmutter an, die Königin des heiligen Rosenkranzes, und bitten wir sie, dass sie uns allen die Gnade erwirke, in der Heiligkeit zu wachsen und immer freudigere Zeugen der Kraft des Evangeliums zu sein, um unserer Welt Heilung, Versöhnung und Frieden zu bringen.
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