Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - ES  - FR  - IT  - PT ]

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DER  JAHRESTAGUNG DER UNION DER HILFSWERKE FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN (ROACO)

Sala Clementina
Donnerstag, 22. Juni 2023

[Multimedia]

________________________________________

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, dass ich zum Abschluss der Arbeiten eurer Vollversammlung mit euch zusammentreffen kann. Ich begrüße Erzbischof Claudio Gugerotti, die Päpstlichen Vertreter, die Oberen und Beamten des Dikasteriums und durch euch, liebe Repräsentanten der Hilfswerke, all jene, die in den verschiedenen Regionen eure Großherzigkeit möglich machen. Solidarische Großherzigkeit ist oft die einzige konkrete Antwort auf Ungerechtigkeit und Schmerz, die so viele Menschen unterdrücken und belasten. Ich danke euch, liebe Freunde, weil ihr euch einer aktiven Solidarität widmet, die dazu beiträgt, die Wunden zu heilen, und die wie eine Liebkosung für das Antlitz der Leidenden ist: eine Liebkosung, die im Tumult der Konflikte neue Hoffnung weckt.

In der heutigen Zeit gibt es einen schrecklichen Kontrast zum Plan Gottes, dem Plan des Friedens, der Geschwisterlichkeit und der Eintracht für alle. Sein Plan fordert uns auf, damit aufzuhören, einander zu bekämpfen, sondern vielmehr die Kräfte zu vereinen, um gegen Hunger und Krankheit zu kämpfen. Die Bibel spricht von Gottes Friedensplänen (vgl. Jer  29,11), aber sie zeigt uns auch von Beginn an die Gewalt des Bruders gegen den Bruder: Kain und Abel, die Tötung des Unschuldigen. Gott, der Kain verbannt, verhindert dennoch, dass er getötet wird (vgl. Gen  4,1-16). Es ist der erste Akt der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit. Wie gut tut es vor allem uns Christen, mit offenem Herzen dieses heilige Wort zu hören, um uns erleuchten und leiten zu lassen, und zwar nicht von unseren eigenen Plänen, sondern vom barmherzigen Plan Gottes, der alle Menschen umarmen und retten will, alle Brüder und Schwestern Jesu!

Bei diesem Treffen der ROACO habt ihr die Erwartungen der Jugendlichen der Orientalischen Kirchen in den Mittelpunkt gestellt. Es ist eine kluge Entscheidung, gemeinsam aus ihrem Mund die Wünsche und Sehnsüchte zu hören, die sie im Herzen tragen. Die jungen Menschen wollen Protagonisten des Gemeinwohls sein, das der »Kompass« für das soziale Handeln sein sollte. Liebe junge Menschen, die ihr hier anwesend seid, ihr lebt in Gegenden, wo die Wiederherstellung des Gemeinwohls unerlässliche Voraussetzung für das Überleben ist. Seid Wächter des Friedens für alle, Propheten, die von einer anderen, nicht länger geteilten Welt träumen und dies verkünden!

Im Apostolischen Schreiben Ecclesia in Medio Oriente, zu dem die ROACO aus Anlass des 10. Jahrestages seiner Veröffentlichung kürzlich ein großes Treffen auf Zypern organisiert hat, lud Benedikt XVI. die Jugendlichen ein, »durch die Kraft des Gebets ständig die wahre Freundschaft mit Jesus zu pflegen« (Nr. 63). Für Christen ist die erste Inspirationsquelle ihres Handelns der lebendige Glaube an den Herrn, der sein Leben für die Brüder und Schwestern hingegeben hat. Wenn wir davon ausgehen, von der gekreuzigten und auferstandenen Liebe, dann wird es leichter sein, nicht nur die Partikularismen abzulehnen, sondern auch den Triumphalismus, und ebenso eine zur Schau gestellte Solidarität zurückzuweisen, die nur dazu dient, gut dazustehen und sich wichtig zu machen. Denn das durchbohrte Herz Gottes befreit uns von einer als Job verstandenen Caritas, verstanden als Kalkül reiner Philanthropie, als Bürokratie des Gutseins oder schlimmer noch als Geflecht politischer Interessen. Das Kreuz als äußerstes Eintreten Gottes in das Leid der Menschheit ist es, welches insbesondere den jungen Christen die Authentizität zeigt, nach der sie suchen, den Mut des Zeugnisses, die Kraft zur Überwindung von Individualismus und Gleichgültigkeit, die heute gang und gäbe sind, und welches das Mitleid größer werden lässt. »Mit-Leid« ist ein Wort, das in der Herzmitte unseres Glaubens steht, weil es uns die Liebe Gottes zeigt, der sich ganz mit dem Leiden des Menschen identifiziert.

Brüder und Schwestern der ROACO, ihr identifiziert euch mit dem dürren Terrain des Schmerzes, um Samen der Hoffnung aufkeimen zu lassen. Ich denke daran, wie ihr euch vor Kurzem dafür eingesetzt habt, die Wunden des Erdbebens in der Türkei und in Syrien zu lindern, inmitten des täglichen Leids der hart geprüften Bevölkerung. Ich hoffe, dass man wirklich fortfahren kann, den Menschen dort zu helfen. Es wurde viel versprochen, aber es ist immer noch schwierig, das normale Bankwesen zu benutzen, um den Betroffenen Hilfe zu senden. Ich danke euch für den großen Einsatz, mit dem ihr der Ukraine beisteht, um die Binnenvertriebenen und Flüchtlinge zu unterstützen. Eurem Engagement für dieses geliebte Land habe ich mich vor einigen Jahren durch die Initiative »Der Papst für die Ukraine« angeschlossen und auch mit weiteren kontinuierlichen Maßnahmen. Aber ich möchte auch diese Gelegenheit ergreifen, um alle dazu einzuladen, es nicht an konkreter Nähe, der Nähe des Gebets und der Nächstenliebe, für das gequälte ukrainische Volk fehlen zu lassen. Bei der eben zu Ende gegangenen Vollversammlung habt ihr euch neben der üblichen Aufmerksamkeit für das Heilige Land und den Nahen Osten auf Hilfsprojekte für den Iran, die Türkei und Eritrea konzentriert. Die enormen menschlichen und natürlichen Schätze, die Gott jenen schönen Regionen geschenkt hat, mögen gehoben werden können und ihren Bewohnern ein wenig freudige Zuversicht schenken.

Meine Lieben, ich spreche euch erneut meine Dankbarkeit für euren Dienst aus. Ich segne einen jeden von euch und eure Arbeit. Und bitte, betet weiter für mich.



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana