PASTORALBESUCH IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
ANSPRACHE VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE ALTEN MENSCHEN
München, 19. November 1980
Meine lieben Brüder und Schwestern im vorgerückten Alter!
Mit ganz besonderer Freude erfüllt es mich, daß ich im Rahmen meines Deutschlandbesuches euch in einer eigenen Gebetsstunde begegnen darf. Ich komme wie zu vertrauten Freunden; weiß ich mich doch in meinem Dienst gerade von eurem Anteilnehmen und Beten und Opfern getragen. So begrüße ich euch hier im Hohen Dom Unserer Lieben Frau zu München mit bewegter Dankbarkeit! Einen besonderen Dank für die tiefen Worte der Begrüßung und für euer begleitendes Gebet während dieser Tage! Mit euch begrüße ich alle eure Altersgenossen in eurem Vaterland, besonders jene, die durch Rundfunk und Fernsehen jetzt mit uns verbunden sind. ”Grüß Gott“ euch allen, die ihr auf dem Pilgerweg dieses Lebens schon länger als ich ”die Last und die Hitze des Tages tragt“, schon länger als ich dem Herrn zu begegnen und in Treue zu dienen bemüht seid, im Großen und Kleinen, in Freud und Leid!
1. Der Papst verneigt sich in Ehrfurcht von dem Alter, und er lädt alle ein, es ihm zu tun. Das Alter ist die Krone der Stufen des Lebens. Es bringt die Ernte ein, die Ernte aus dem Gelernten und Erlebten, die Ernte aus dem Geleisteten und dem Erreichten, die Ernte auch aus dem Erlittenen und Bestandenen. Wie im Schlußsatz einer großen Symphonie kommen die großen Themen des Lebens zum machtvollen Zusammenklang. Und dieses Zusammenklingen verleiht Weisheit, die Weisheit, um die der junge König Salomon betet, die ihm entscheidender ist als Macht und Reichtum, wichtiger als Schönheit und Gesundheit; die Weisheit, von der wir in den Lebensregeln des Alten Bundes lesen: ”Wie gut steht Hochbetagten Weisheit an, würdigen Männern Überlegung und Rat. Ein Ehrenkranz der Alten ist reiche Erfahrung, ihr Ruhm ist die Gottesfurcht“.
Der heutigen Altersgeneration, also euch, meine lieben Brüder und Schwestern, kommt dieser Ehrenkranz der Weisheit ganz besonders zu: Ihr habt zum Teil in zwei Weltkriegen unendlich viel Leid erleben und miterleben müssen, viele haben dabei Angehörige, Gesundheit, Beruf, Heim und Heimat verloren; ihr habt die Abgründe des Menschenherzens kannengelernt, aber auch seine Fähigkeit zu heroischer Hilfsbereitschaft und Glaubenstreue und seine Kraft zu neuem Anfang.
Die Weisheit verleiht Abstand, aber nicht einen Abstand der Weltferne; sie läßt den Menschen über den Dingen stehen, ohne sie zu verachten; sie läßt uns die Welt mit den Augen - und mit dem Herzen! - Gottes sehen. Sie läßt uns mit Gott ja sagen, auch zu unseren Grenzen, auch zu unserer Vergangenheit mit ihren Enttäuschungen, Versäumnissen und Sünden. Denn ”wir wissen, daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“. Aus der versöhnenden Kraft dieser Weisheit erblühen dann Güte, Geduld, Verstehen und jene köstliche Zierde des Alters: der Humor.
Ihr selbst, meine verehrten Schwestern und Brüder, wißt am besten, daß diese werkvolle Lebensernte, die euch der Schöpfer zugedacht hat, kein unangefochtener Besitz ist. Sie verlangt Wachsamkeit, Sorgfalt, Selbstkontrolle, manchmal auch entschlossenen Kampf. Sonst wird sie nur allzu leicht angenagt oder zersetzt durch Trägheit, durch Laune, durch Oberflächlichkeit, durch Herrschsucht oder gar durch Verbitterung. Verliert nicht den Mut, beginnt mit der Gnade unseres Herrn immer wieder von neuem, und bedient euch der Kraftquellen, die Er euch anbietet: im Sakrament des Brotes und der Vergebung, im Wort der Predigt und der Lektüre und im geistlichen Gespräch!
An dieser Stelle darf ich sicher auch in eurem Namen allen Priestern von Herzen danken, die der Seelsorge an alten Menschen einen entscheidenden Platz in ihrer Arbeit und in ihrem Herzen einräumen. Sie erweisen damit zugleich ihrer Gesamtgemeinde den besten Dienst; gewinnen sie ihr doch gleichsam eine Heerschar treuer Beter.
Nach euren Seelsorgern möchte ich eure priesterlichen Altersgenossen ansprechen. Meine liebe Mitbrüder! Die Kirche dakt euch für euer Lebenswerk im Weinberg des Herrn. Den jüngeren Priestern sagt Jesus im Johannesevangelium: ”Andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit“. Verehrte Presbyter, tragt auch weiterhin die Anliegen der Kirche im priesterlichen Dienst des Betens vor Gott - ”ad Deum, qui laetificat iuventutem vestram“.
2. Ihr Brüder und Schwestern der älteren Generation, ihr seid ein Schatz für die Kirche, ihr seid ein Segen für die Welt! Wie oft müßt ihr die jungen Eltern entlasten, wie gut könnt ihr die Kleinen einführen in die Geschichte eurer Familie und eurer Heimat, in die Märchen eures Volkes und in die Welt des Glaubens! Die Jugendlichen findem in ihren Problemen oft leichter zu euch als zur Generation ihrer Eltern. Euren Söhnen und Töchtern seid ihr in schweren Stunden die wertvollste Stütze. Mit Rat und Tat wirkt ihr in vielen Gremien, Vereinigungen und Initiativen des kirchlichen und zivilen Lebens mit.
Ihr seid eine notwendige Ergänzung in einer Welt, die sich für den Schwung der Jugend und für die Kraft der sogenannten ”besten Jahre“ begeistert, in einer Welt, in der so sehr zählt, was man zählen kann. Ihr erinnert sie daran, daß sie auf dem Fleiß derer weiterbaut, die früher jung und kraftvoll waren, und daß auch sie eines Tages ihr Werk in jüngere Hände legen wird. In euch wird sichtbar, daß der Sinn des Lebens nicht nur in Geldverdienen und Geldausgeben bestehen kann, daß in allem äußeren Tun zugleich etwas Inneres reifen soll und in allem Zeitlichen etwas Ewiges - entsprechend dem Wort des heiligen Paulus: ”Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert“.
Ja, das Alter verdient unsere Ehrfurcht, eine Ehrfurcht, wie sie in der Heiligen Schrift aufleuchtet, wenn sie uns Abraham und Sara vor Augen stellt, wenn sie Simeon und Hanna zur Heiligen Familie in den Tempel ruft, wenn sie die Priester ”Älteste“ nennt, wenn sie die Huldigung der ganzen Schöpfung zusammenfaßt in der Anbetung der vierundzwanzig Ältesten und wenn sie schließlich Gott selbst bezeichnet: ”der Hochbetagte“.
3. Kam man ein höheres Loblied auf die Würde des Alters singen? Aber ihr wärt gewiß enttäuscht, meine lieben älteren Zuhörer, wenn der Papst nicht auch auf eine andere Seite des Altwerdens einginge; wenn er euch nur die - vielleicht unerwartete - Ehrung mitgebracht hatte, den Trost aber schuldig bliebe. Wie zu der herbstlichen Jahreszeit, in der wir stehen, nicht nur die Ernte und die feierliche Pracht der Farben gehören, sondern auch das Kahlwerden der Äste und das Fallen und Zerfallen der Blätter, nicht nur das weiche, volle Licht, sondern auch der feuchte, unwirtliche Nebel, so ähnlich ist das Alter nicht nur der kraftvolle Schlußakkord oder die versöhnende Summe des Lebens, sondern auch eine Zeit des Verwelkens, eine Zeit, da einem die Welt fremd, das Leben zur Last und der Leib zur Qual werden kann. Und so fügt sich zu meinem Ruf ”Nehmt wahr eure Würde!“ auch der andere: ”Nehmt an eure Bürde!“.
Die Bürde des Alters besteht für die meisten zunächst in einer gewissen Gebrechlichkeit des Leibes; die Sinne sind nicht mehr so scharf, die Gliedmaßen nicht mehr so gefügig, die Organe werden empfindlicher. Was einem in jüngeren Jahren in den Tagen einer Krankheit widerfährt, das wird im Alter oft zum täglichen - und nächtlichen! - Begleiter. Auf viele Tätigkeiten, die einem lieb und teuer waren, muß man endgültig verzichten.
Auch das Gedächtnis kann seinen Dienst versagen: neue Informationen werden nicht mehr so leicht aufgenommen und viele alte verblassen. Dadurch verliert die Welt ihre Vertrautheit; die Welt der eigenen Familie mit den so ganz anders gewordenen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Erwachsenen, mit den so gewandelten Interessen und Ausdrucksformen der Jugend und mit den neuen Lernzielen und -methoden der Kinder. Fremd wird die Heimat mit ihren wachsenden Städten, mit der zunehmenden Verkehrsdichte und der vielfach umgestalteten Landschaft. Fremd wird die Welt der Wirtschaft und Politik, anonym und undurchschaubar wird die Welt der sozialen und medizinischen Versorgung. Und sogar jener Bereich, der uns am meisten Heimat bieten soll, die Kirche in ihrem Leben und Lehren, ist vielen von euch in manchem fremd geworden bei ihrem Bestreben, dem Anspruch der Zeit, den Erwartungen und Nöten der jüngeren Generationen gerecht zu werden.
Von dieser schwer verstehbaren Welt fühlt ihr euch mißverstanden, ja oft genug verstoßen. Eure Meinung, eure Mitwirkung, eure Gegenwart ist nicht gefragt - so empfindet ihr, und so ist es leider manchmal auch wirklich.
4. Was kann der Papst da sagen? Womit soll ich euch trösten? Ich will es mir nicht zu leicht machen. Ich will die Bedrängnisse des Alters, eure Gebrechen und Krankheiten, eure Hilflosigkeit und Vereinsamung, nicht verharmlosen. Aber ich möchte sie mit euch in einem versöhnenden Licht sehen - im Licht unseres Heilands, ”der für uns Blut geschwitzt hat, der für uns gegeißelt worden ist, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist“. Er ist in den Prüfungen des Alters euer Leidensgefährte, und ihr seid die Gefährten seines Kreuzwegs. Keine Träne weint ihr allein, und keine weint ihr vergeblich. Durch Leiden hat er das Leid erlöst, und durch Leiden wirkt ihr mit an seiner Erlösung. Nehmt euer Leiden an als seine Umarmung und macht es zum Segen, indem ihr es mit Ihm annehmt aus der Hand des Vater, der in unergründlicher, aber unbezweifelbarer Weisheit und Liebe gerade darin eure Vollendung wirkt. Im Feuerofen wird das Erz zum Gold; in der Kelter wird die Traube zum Wein.
In diesem Geist - den uns nur Gott geben kann - wird es dann auch leichter, sowohl mit jenen Verständnis zu haben, die durch Nachlässigkeit, Unachtsamkeit, Gedankenlosigkeit unsere Not mitverursachen, wie auch jenen zu verzeihen, die uns bewußt, ja absichtlich Schmerz zufügen, aber doch nie ganz ermessen können, wie sehr sie uns wehtun. Laßt uns mit dem Gekreuzigten sprechen: ”Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“. Auch über uns selbst ist ja dieses einzig erlösende Wort gesprochen.
5. In diesem Geist - um den wir in dieser Stunde miteinander und füreinander beten - werden wir dann auch wach und dankbar für all die liebevollen Gedanken, Worte und Werke, die uns tagtäglich zuteil werden, an die wir uns leicht gewöhnen und die wir deshalb leicht als selbstverständlich nehmen und übersehen. Wir feiern heute das Fest der heiligen Elisabeth, einer Heiligen, die eure Nation der ganzen Welt als Symbol aufopfernder Caritas geschenkt hat. Sie ist das hohe Vorbild und die hehre Patronin aller, die - sei es durch ihren Beruf, sei es ehrenamtlich oder im Bekannten- und Verwandtenkreis - dem hilfsbedürftigen Mitmenschen dienen und in ihm - ob sie es wissen oder nicht - Christus begegnen. Das, meine lieben Alten, ist der Lohn, den ihr jenen gebt, denen ihr so ungern zur Last fallt. Ihr seid ihnen Anlaß zur Begegnung mit dem Herrn, Gelegenheit, über sich selbst hinauszuwachsen, und ihr gebt ihnen durch eure Zuwendung Anteil an den erwähnten Früchten des Lebens, die Gott in euch reifen läßt! Begrabt also nicht eure Bitten in einem zaghaften, enttäuschten oder vorwurfsvollen Herzen, sondern bringt sie in aller Selbstverständlichkeit zum Ausdruck - überzeugt von eurer eigenen Würde und vom Guten im Herzen des andern. Und freut euch über jede Gelegenheit, jenes königliche Wort ”Danke“ einzuüben, das von allen Altären aufsteigt und das einmal unsere ewige Seligkeit erfüllen wird.
Und so darf ich sicher mit euch zusammen all jenen danken, die sich in den vielen kirchlichen, zivilen und öffentlichen Organisationen, Verbänden und Initiativen, auf gemeindlicher oder höherer Ebene, in Gesetzgebung und Verwaltung oder auch rein privat um das Wohl der älteren Generation bemühen, um ihr Wohl an Leib und Gemüt, um erfülltes Leben und bleibende Beheimatung in der Gesellschaft. Besonders begrüße ich dabei, daß die Arbeit für die Alten immer mehr eine Arbeit mit den Alten wird.
6. Und damit bin ich wieder bei euch, meine älteren Brüder und Schwestern, und bei dem Trost, den ihr von mir erwartet. Ein Sprichwort sagt: ”Bist du einsam, so besuche einen, der noch einsamer ist als du!“. Diese Weisheit möchte ich euch ans Herz legen. Öffnet eure Gedanken für jene Weggefährten, denen es in irgendeiner Hinsicht schlechter geht als euch, denen ihr in irgendeiner Hinsicht helfen könnt - durch ein Gespräch, durch eine Handreichung, eine Besorgung oder wenigstens durch das bekundete Mitfühlen! Ich verspreche es euch im Namen Jesu: Ihr werdet darin Kraft und Trost finden.
So übt ihr zugleich im Kleinen, was wir alle im Großen sind. Wir sind ein Leib in vielen Gliedern: die Hilfebringenden und die Hilfeempfangenden, die Gesünderen und die Kränkeren, die Jüngeren und die Älteren; jene, die sich im Leben schon bewährt haben, jene, die in der Bewährung stehen, und jene, die erst in sie hineinwachsen; jene, die jung sind, und jene, die einmal jung waren; jene, die alt sein werden. Wir alle stellen miteinander die Fülle des Lebens Christi dar, und wir alle reifen miteinander in diese Fülle hinein: ”in die Fülle des Mannesalters in Christus“.
7. Der letzte Trost, den wir miteinander suchen, meine lieben Mitpilger ”in diesem Tal der Tränen“, ist der Trost im Angesicht des Todes. Seit unserer Geburt gehen wir ihm entgegen, aber im Alter wird uns sein Nahen von Jahr zu Jahr bewußter - wenn wir es nicht gewaltsam aus unseren Gedanken und Gefühlen verdrängen. Der Schöpfer hat es so gefügt, daß im Alter ein Annehmen und Bestehen des Todes auf fast natürliche Weise vorbereitet, erleichtert und eingeübt wird. Ist doch das Altwerden, wie wir gesehen haben, ein allmähliches Abschiednehmen von der ungebrochenen Fülle des Lebens, vom unbehinderten Kontakt mit der Welt.
Die große Schule des Lebens und Sterbens führt uns sodann an manches offene Grab, sie läßt uns an manchem Sterbebett stehen, bevor wir selbst es sind, um die - so gebe es Gott - andere betend stehen werden. Der alte Mensch hat solche Lehrstunden des Lebens in höherer Zahl erlebt als der junge, und er erlebt sie in steigender Häufigkeit. Das ist sein großer Vorteil auf dem Weg an die große Schwelle, die wir uns oft einseitig als Abgrund und Nacht ausmalen.
Der Blick über die Schwelle ist von unserer Seite aus getrübt; aber jenen, die uns vorangegangen sind, mag es Gott viel öfter, als man meint, gewähren, in seiner Liebe unser Leben zu begleiten und zu umsorgen. Es war ein Gedanke tiefen und lebendigen Glaubens, der einer Kirche dieser Stadt als Patrozinium den Namen ”Allerseelen-Kirche“ gab. Und die beiden deutschen Kirchen in Rom heißen: Santa Maria in Campo Santo (St. Marien zum Friedhof) und Santa Maria dell’Anima (St. Marien zu den Armen Seelen). Je mehr die Mitmenschen unserer sichtbaren Umwelt an die Grenzen ihres Helfens kommen, desto mehr sollen wir in jenen die Boten der Liebe Gottes sehen, die den Tod schon bestanden haben und uns von drüben her erwarten: die Heiligen, besonders unsere persönlichen Patrone, und unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde, die wir in Gottes Barmherzigkeit geborgen hoffen.
Viele von euch, meine lieben Schwestern und Brüder, haben die sichtbare Nähe ihres Lebensgefährten verloren. Ihnen gilt meine seelsorgliche Bitte: Laßt immer bewußter Gott zum Partner eures Lebens werden, dann seid ihr zugleich mit jenem verbunden, den Er euch einst zum Weggefährten gab und der nun selber in Gott seine Mitte gefunden hat.
Ohne eine Vertrautheit mit Gott gibt es letztlich keinen Trost im Sterben. Denn gerade das will ja Gott mit dem Tod: daß wir uns wenigsten in dieser einen hohen Stunde unseres Lebens ganz in seine Liebe fallen lassen, ohne jede andere Sicherheit als ebendiese seine Liebe. Wie könnten wir ihm ungetrübter unser Glauben, Hoffen, Lieben zeigen!
Ein letzter Gedanke in diesem Zusammenhang. Er ist sicher manchem von euch aus dem Herzen gesprochen. Der Tod selber ist ein Trost! Das Leben auf dieser Erde, selbst wenn sie nicht ein ”Tal der Tränen“ wäre, könnte uns nicht für immer Heimat bieten. Sie würde mehr und mehr zum Gefängnis, zur ”Verbannung“. Denn ”alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis“! Und so drängen sich uns die nie verblassenden Worte des heiligen Augustinus auf die Lippen: ”Auf Dich hin hast Du uns geschaffen, Herr; und ruhelos ist unser Herz, bis es seine Ruhe findet in Dir!“.
So gibt es nicht die Todgeweihten und die im sogenannten Leben Stehenden. Was uns allen bevorsteht, ist eine Geburt, eine Verwandlung, deren Wehen wir mit Jesus am Ölberg fürchten, deren strahlenden Ausgang wir aber schon in uns tragen, seit wir in der Taufe in Jesu Tod und Sieg hineingetaucht wurden.
Mit euch allen, mit euch hier im Liebfrauendom, mit euch am Radio und am Fernsehgerät, mit allen, denen ich in diesen gesegneten Tagen begegnen durfte, mit allen Bürgern und Gästen dieses schönen Landes, mit allen Glaubenden und für alle Suchenden, mit den Kindern und Jugendlichen, den Erwachsenen und den Alten möchte ich in dieser Stunde des Abschieds unsere Besinnung zum Gebet werden lassen:
”Vom Mutterschoß an bist du mein Beschützer; verlaß mich nicht, wenn meine Kräfte schwinden!“.
”Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten!“.
Und im Liebfrauendom möchte ich unser Beten, das immer in Jesu Geist gesprochen, immer nur durch Jesus vor den Vater kommt, verbinden mit dem Beten jener, die uns als Erst-Erlöste Mutter und Schwester ist:
”Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder - jetzt und in der Stunde unseres Todes!
Amen“.
Amen. Gelobt sei Jesus Christus!
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