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JOHANNES PAUL II.

AUDIENZ FÜR DIE MITGLIEDER DER KOMMISSION DES 
ORDENS DER MINDERBRÜDER, DIE MIT DER VERÖFFENTLICHUNG EINER KRITISCHEN AUSGABE DER WERKE DES SEL. DUNS SCOTUS BEAUFTRAGT SIND

Samstag, 16. Februar 2002

 
1. Mit großer Freude und Herzlichkeit richte ich meinen Gruß zunächst an Sie, Bruder Giacomo Bini, an die Mitglieder der »Duns-Scotus«-Kommission und an alle, die im Generalsekretariat für die Ausbildung und Studien eures Ordens tätig sind. Meine Gedanken der Verbundenheit gehen zudem an den gesamten Orden der Minderbrüder. 

Von Herzen danke ich für das Geschenk des achten Bandes der Opera Omnia des sel. Johannes Duns Scotus. Er enthält den abschließenden Teil aus dem zweiten Buch der Ordinatio, dem letzten und wichtigsten Werk des »Doctor subtilis«. 

In der katholischen Philosophie und Theologie ist die Gestalt des sel. Johannes Duns Scotus weithin bekannt. Mein Vorgänger, Papst Paul VI., bezeichnete ihn in seinem Apostolischen Schreiben Alma parens vom 14. Juli 1966 als »den Vervollkommner« des hl. Bonaventura und »den qualifiziertesten Vertreter« der franziskanischen Schule. Bei dieser Gelegenheit betonte Paul VI., daß in den Schriften des Duns Scotus »latent certe ferventque Sancti Francisci Asisinatis perfectionis pulcherrima forma et seraphici spiritus ardores« [gewiß die schönsten Formen der Vollkommenheit des hl. Franziskus von Assisi und die Leidenschaft des seraphischen Geistes enthalten sind und hervorstrahlen], und er fügte hinzu, daß man aus dem theologischen Schatz seiner Werke wertvolle Anregungen für »abgeklärte Gespräche« zwischen der katholischen Kirche und den anderen christlichen Konfessionen gewinnen kann (vgl. AAS 58 [1966] 609 – 614). 

2. Die Werke von Duns Scotus, die in den vergangenen Jahrhunderten öfters nachgedruckt worden waren, bedurften einer umfassenden Überarbeitung, um von den vielen Fehlern der Kopisten und von den Einfügungen seitens seiner Schüler befreit zu werden. Man konnte Scotus nicht mehr anhand jener Ausgaben erforschen. Es war eine seriöse kritische Ausgabe auf der Grundlage seiner Manuskripte nötig. Die gleiche Notwendigkeit ergab sich ja schon im Hinblick auf die Werke des hl. Bonaventura und des hl. Thomas. 

Mit dieser Aufgabe betrauten der Generalminister des Ordens und sein Definitorium eine eigens eingerichtete Gruppe von Wissenschaftlern; sie gab sich den Namen »Duns-Scotus-Kommission« und nahm ihren Sitz im Päpstlichen Institut »Antonianum« in Rom. Bisher wurden zwölf Bände veröffentlicht. Mit großer Sorgfalt wurden darin die direkten und indirekten Quellen aufgearbeitet und dargelegt, die Scotus in seiner Niederschrift verwendet hatte. Die Anmerkungen enthalten alle nützlichen Informationen und Hinweise zum Verständnis der Gedankenwelt dieses bedeutenden Meisters der franziskanischen Schule. 

Mit seiner großartigen Lehre über den Primat Christi, über die Unbefleckte Empfängnis, über den Primat der Offenbarung und des Lehramts der Kirche, über die päpstliche Autorität, über die Fähigkeiten der menschlichen Vernunft, die großen Glaubenswahrheiten wenigstens teilweise zugänglich zu machen und ihre Unzweideutigkeit zu beweisen, bleibt Duns Scotus auch heute ein Stützpfeiler der katholischen Theologie, ein originelles Vorbild, reich an Anregungen und Impulsen für eine immer vollständigere Kenntnis der Glaubenswahrheiten. 

3. Liebe Mitglieder der »Duns-Scotus«-Kommission! Gerne ermutige ich euch in eurer Arbeit, denn – wie es in der Ratio Studiorum Ordinis Fratrum Minorum heißt – »die Forschungszentren des Ordens, wie zum Beispiel die ›DunsScotus-Kommission‹, leisten durch ihre wissenschaftliche und verlegerische Tätigkeit einen höchst wichtigen Dienst im Hinblick auf die Erhaltung und Weitergabe des geschichtlichen, philosophischen, theologischen und spirituellen Erbes des Ordens« (vgl. Nr. 124). Mit Freude ergreife ich diese Gelegenheit, um die jungen Ordensmitglieder zu ermuntern, sich angemessen auf eine Fortführung der Lehre und Forschung in den wissenschaftlichen Zentren des Ordens vorzubereiten. 

Ich spreche euch meine besten Wünsche aus, auf daß die »Duns-Scotus-Kommission« im Jahr 2004, wenn sich die Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria zum 150. Mal jährt, den zwanzigsten Band publizieren kann. Er wird das dritte Buch der bisher unveröffentlichten Lectura enthalten, in dem Duns Scotus zum ersten Mal das »marianische Privileg« verteidigte und sich den Titel »Doctor marianus« erwarb. . 

Der Königin des Franziskanerordens empfehle ich die Arbeit der Kommission, und von Herzen erteile ich Ihnen, Generalminister, den Anwesenden und allen, die eure Tätigkeit möglich machen, meinen Segen. 

 

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