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VIDEOBOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUM ZWEITEN INTERNATIONALEN TAG DER GESCHWISTERLICHKEIT

4. FEBRUAR 2022

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Liebe Brüder und Schwestern!

Erlauben Sie mir als Erstes, mit Zuneigung und Wertschätzung Groß-Imam Ahmed Al-Tayyeb zu grüßen, mit dem ich vor genau drei Jahren in Abu Dhabi das Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt  unterzeichnet habe. In diesen Jahren sind wir als Brüder und Schwestern den Weg gemeinsam gegangen, im Bewusstsein, dass wir berufen sind, die Geschwisterlichkeit aufzubauen als Schranke gegen Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit, während wir gleichzeitig unsere jeweiligen Kulturen und Traditionen respektieren.

Ich danke allen, die uns auf diesem Weg begleitet haben: Seine Hoheit Scheich Mohammed bin Zayed für seinen kontinuierlichen Einsatz in dieser Richtung, dem Hohen Komitee für die menschliche Brüderlichkeit für die verschiedenen Initiativen in unterschiedlichen Teilen der Welt und der Generalversammlung der Vereinten Nationen, weil sie mit der Resolution vom 21. Dezember 2020 ermöglicht hat, heute diesen zweiten Internationalen Tag der Geschwisterlichkeit aller Menschen zu begehen. Und in diese Dankbarkeit sind auch alle zivilen und religiösen Institutionen eingeschlossen, die dieses edle Anliegen unterstützen.

Die Geschwisterlichkeit gehört zu den universalen Grundwerten, die das Fundament der Beziehungen zwischen den Völkern bilden sollte, so dass sich die Leidenden oder Benachteiligten nicht ausgeschlossen und vergessen fühlen, sondern angenommen, unterstützt als Teil der einen Menschheitsfamilie. Wir sind Geschwister!

Da wir die Empfindung der Geschwisterlichkeit füreinander teilen, müssen wir alle eine Kultur des Friedens fördern, die eine nachhaltige Entwicklung, Toleranz, Inklusion, gegenseitiges Verständnis und Solidarität unterstützt.

Alle leben wir unter dem gleichen Himmel, unabhängig davon, wo und wie wir leben, unabhängig von Hautfarbe, Religion, sozialer Stellung, Geschlecht, Alter, körperlicher Verfassung und finanzieller Situation. Wir sind alle anders und doch alle gleich, und diese Zeit der Pandemie hat es uns gezeigt. Ich wiederhole es nochmals: Niemand kann sich alleine retten!

Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, und im Namen Gottes müssen wir, die wir seine Geschöpfe sind, uns als Brüder und Schwestern anerkennen. Als Gläubige verschiedener religiöser Traditionen haben wir eine Aufgabe zu erfüllen. Was ist diese Aufgabe? Unseren Brüdern und Schwestern zu helfen, den Blick und das Gebet zum Himmel zu erheben. Erheben wir die Augen zum Himmel, denn wer Gott mit aufrichtigem Herzen anbetet, liebt auch den Nächsten. Die Geschwisterlichkeit veranlasst uns, uns dem Vater aller zu öffnen und im anderen einen Bruder, eine Schwester zu sehen, das Leben zu teilen, uns gegenseitig zu unterstützen, die anderen zu lieben und zu kennen.

Wir leben alle unter dem gleichen Himmel. Heute ist die richtige Zeit, um den Weg gemeinsam zu gehen. Es nicht auf morgen oder in die Zukunft zu verschieben, von der wir nicht wissen, ob es sie geben wird. Heute ist die richtige Zeit, den Weg gemeinsam zu gehen: Glaubende und alle Menschen guten Willens, gemeinsam. Es ist ein guter Zeitpunkt, um einander die Hand zu reichen, um unsere Einheit in Verschiedenheit zu feiern – Einheit, nicht Uniformität, Einheit in der Verschiedenheit –, um der Gemeinschaft und der Gesellschaft, in der wir leben, zu sagen, dass die Zeit der Geschwisterlichkeit gekommen ist. Alle gemeinsam, denn es ist von entscheidender Bedeutung, solidarisch miteinander zu sein. Und daher ist heute, ich wiederhole es, keine Zeit für Gleichgültigkeit: Entweder sind wir Geschwister oder alles bricht zusammen. Und das ist kein bloß literarischer Ausdruck der Melodramatik, nein, es ist die Wahrheit! Entweder sind wir Geschwister oder alles bricht zusammen; wir sehen es in den kleinen Kriegen, in diesem Dritten Weltkrieg in Stücken, wie Völker zerstört werden, wie Kinder nicht genug zu essen haben, wie die Bildung abnimmt... Es ist eine Zerstörung. Entweder sind wir Geschwister oder alles bricht zusammen.

Es ist keine Zeit für Vergesslichkeit. Jeden Tag müssen wir uns daran erinnern, was Gott zu Abraham gesagt hat: dass er, den Blick zu den Sternen des Himmels hinaufrichtend, die Verheißung seiner Nachkommenschaft sehen würde, das heißt uns (vgl. Interreligiöse Begegnung in Ur, 6. März 2021). Eine Verheißung, die sich demnach auch in unserem Leben verwirklicht hat: die Verheißung einer umfassenden und leuchtenden Geschwisterlichkeit, wie die Sterne am Himmel!

Liebe Schwestern und liebe Brüder, lieber Bruder Groß-Imam!

Der Weg der Geschwisterlichkeit ist weit, es ist ein schwieriger Weg, aber er ist der Anker des Heils für die Menschheit. Den vielen bedrohlichen Signalen, den dunklen Zeiten, der Logik des Konflikts setzen wir das Zeichen der Geschwisterlichkeit entgegen, die den anderen annimmt, seine Identität respektiert und ihn so zu einem gemeinsamen Weg auffordert. Nicht gleich, nein, Brüder und Schwestern, jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit, mit seiner Einzigartigkeit.

Ich danke allen, die sich engagieren in der Überzeugung, dass es möglich ist, in Harmonie und Frieden zu leben, im Bewusstsein der Notwendigkeit einer brüderlicheren Welt, denn wir sind alle Geschöpfe Gottes: Brüder und Schwestern.

Ich danke allen, die sich unserem Weg der Geschwisterlichkeit anschließen. Ich ermutige alle, sich für das Anliegen des Friedens einzusetzen und auf die Probleme und konkreten Bedürfnisse der der Schwächsten, der Armen, der Schutzlosen zu antworten. Der Vorschlag ist, Seite an Seite zu gehen, als Geschwister, »fratelli tutti«, um ganz konkret Stifter von Frieden und Gerechtigkeit zu sein, in der Harmonie der Unterschiede und mit Achtung vor der Identität eines jeden. Schwestern und Brüder, gehen wir gemeinsam voran auf diesem Weg der Geschwisterlichkeit! Danke.



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