ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DIE PILGER AUS STINATZ IN DER DIÖZESE EISENSTADT
Montag, 21. Juni 1990
Lieber Herr Bischof! Lieber Herr Pfarrer! Liebe Kinder und Jugendliche!
Liebe Schwestern und Brüder der Pfarrei Stinatz!
Ihr begeht in diesem Jahr das zweihundertjährige Jubiläum des Bestehens Eurer Pfarrei. Geistlicher Höhepunkt der Festlichkeiten ist Eure Rompilgerfahrt zu den Gräbern der Apostelfürsten Petrus und Paulus, unter deren besonderem Schutz Eure Pfarrei steht. Während dieses Aufenthalts in der ”Ewigen Stadt“ seid Ihr auch zum Nachfolger Petri gekommen, um - wie es Euer verehrter Herr Bischof schon des öfteren formuliert hat - Euch im Glauben stärken zu lassen und Eure Treue zu bekunden. Ich danke Euch und heie Euch von Herzen willkommen. Wenn an Christen die Frage gestellt wird, was Kirche ist, denken viele zuerst an eine konkrete Gemeinschaft, an ihre Pfarrei. Neben der Familie ist die Pfarrei der Ort, an dem Menschen erstmals mit Glaube, Christus und Kirche in Verbindung kommen. Die Pfarrei stellt gleichsam die Kirche am Ort dar. Deshalb nimmt sie im Leben der Gläubigen einen wichtigen Platz ein. Gerade das Zweite Vatikanische Konzil mit seinem Kirchenbild gibt der Pfarrei einen neuen und hohen Stellenwert. Dies habe ich auch in meinem Apostolischen Schreiben ”Christifideles laici“ zum Ausdruck gebracht, nämlich: die Bedeutung der Pfarrei im Leben jedes Christgläubigen. Die Pfarrei ist nicht nur eine Struktur, ein Gebiet oder ein Gebäude, sondern sie ist ”die Familie Gottes, als von einem Geist durchdrungene Gemeinde von Brüdern“. Sie ist nicht nur auf einer Rechtsstruktur, sondern, weil sie eucharistische Gemeinschaft ist, in einer theologischen Einheit begründet. Das ist auch das Band, die lebendige Verbindung, die communio mit der ganzen Kirche.
So kann ich nur noch einmal die Worte Papst Paulus VI. in Erinnerung rufen, die er über die Pfarrei gesagt hat: ”Wir sind einfach davon überzeugt, daß diese altüberkommene und geschätzte Struktur der Pfarrei eine unverzichtbare und höchst aktuelle Sendung hat; ihr kommt es zu, die erste Gemeinschaft des christlichen Volkes zu bilden; sie versammelt das Volk und führt es in die liturgische Feier ein; sie beschützt und belebt den Glauben in den Menschen unserer Zeit; sie bietet ihnen den Unterricht über die heilbringende Lehre Christi; sie verwirklicht in der Haltung und in der Tat die demütige Liebe in den guten und brüderlichen Werken“. Wenn Ihr in die Geschichte Eurer Pfarrei blickt, werdet Ihr feststellen, daß sich all das auch bei Euch durch die Pfarrei und in der Pfarrei ereignet hat. Als Minderheit von Kroaten konntet Ihr in einem Gebiet mit deutscher Mehrheit, wenn auch mit manchen Schwierigkeiten und Problemen verbunden, gerade durch die Pfarrei dem von Euren Vätern überlieferten Erbe die Treue halten, nämlich zu Glaube, Sprache und Volkstum. Das sollt Ihr auch auf Eurem weiteren Weg als Pfarrei stets im Auge behalten und gleichsam als heilige Verpflichtung betrachten. In diesem Zusammenhang möchte ich Euch noch einmal bewußt jene Worte ans Herz legen, die ich Euch anlässlich meines letzten Pastoralbesuches in Österreich beim großen und grenzüberschreitenden Fest in Trausdorf zugerufen habe:
Draga hrvatska braća! Kroz stoljeća bila je kršćanska vjera duša vaše hrvatske kulture. Neka i u budućnosti ostane jaki glas u ovoj kulturi. Prve molitve, ke ste čuli i ponavljali, bile su izrečene na hrvatskom jeziku vašhih preocev. Prve duhovne pjesme zaglušale su isto tako na tom jeziku. Očuvajte vjeru vašik preocev. Ne sramujte se ove vjere. Očuvajte i razvijajte u zahvalnosti kulturu vaših preocev. Ona je dar za vašu zemlju i za crikvu u vašoj zemlji. Allen in Eurer Pfarrei, die sich darum in besonderer Weise in der Vergangenheit bemüht haben und auch heute bemühen, ob Priester, Lehrer oder andere Verantwortliche, ja jedem Einzelnen von Euch, der auf diesem Gebiet Verantwortung spürt und übernimmt, spreche ich meinen Dank aus.
Als Christ hat jeder gemäß seiner Berufung die Pflicht und den Auftrag, dort, wo er steht, das Wort Gottes in die verschiedenen Bereiche des menschlichen Lebens zu tragen. Nehmt diese Aufgabe im Alltagsleben Eurer Pfarrei stets gemeinsam mit Eurem Bischof und Eurem Pfarrer wahr. Seid treue Zeugen Christi in dieser Welt und seid als christliche Pfarrgemeinde ”ein Herz und eine Seele“ in der jeder von Euch entsprechend seiner Gaben am Aufbau des Reiches Gottes mitarbeitet.
Dabei mögen Euch Eure Pfarrpatrone, die Apostelfürsten Petrus und Paulus, stets Vorbild und Fürsprecher sein.
Euch alle aber, die Ihr hier anwesend seid, aber auch Eure Lieben zu Hause, vor allem die Kinder, Alten und Kranken sowie die Zukunft Eurer Pfarrei empfehle ich dem besonderen Schutz der Gottesmutter, die Ihr oft und gerne als ”Kraljica Hrvatov“ (Königin der Kroaten) anruft und verehrt, und erteile Euch von Herzen meinen Apostolischen Segen.
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